Keine Geistergeschichte Lk 24,35-48

„Ich glaube nicht mehr an Geistergeschichten!“, sagt Elisabeth Turner in „Fluch der Karibik“, als im Mondschein Leben in die Gerippe einer Gruppe toter Piraten kommt. „Ihr solltet aber an Geistergeschichten glauben, Mrs Turner!“ antwortet der untote Piratenfürst Barbossa. „Ihr seid mitten in einer drin!“

So kommt es den Jüngern bei der Begegnung mit dem Auferstandenen vor. Als wären sie in eine Geistergeschichte geraten. Aber nicht in eine erzählte, sondern in eine erlebte. Anders konnten sie sich die Begegnung mit dem Auferstandenen nicht erklären.

Im Film klagt der Pirat Barbossa, dass er weder zu den Lebenden noch zu den Toten gehöre, und weder an den Freuden des Lebens noch am Frieden des Todes teilnehmen könne. Und zum Beweis entkorkt er mit den Zähnen eine Weinflasche und trinkt daraus, während der Wein durch das Gerippe auf den Boden plätschert.

Jesus bittet um etwas zu essen und isst vor den Augen der Apostel. Er ist kein Geist. Er ist leiblich unter ihnen da. Anders leiblich – verwandelt oder verklärt – wie ihn drei Apostel einige Monate zuvor auf dem Berg gesehen haben. Er geht durch Türen, aber der Fisch, den er isst, fällt nicht zu Boden. Er durchdringt alles, aber nichts durchdringt ihn.

Es scheint fast, als sei der Auferstandene die wirklichere Wirklichkeit, verglichen mit den Dingen, die ihn nicht länger daran hindern können, bei den Jüngern zu sein.

Die Leiblichkeit des Auferstandenen ist das eine, was die Evangelisten betonen. Aber es geht nicht nur um Leiblichkeit, sondern um Selbigkeit. Um Identität.

Um die Identität eines Ausweisträgers mit dem im Dokument Ausgewiesenen zu beweisen, stand bis in die 80ger Jahre hinein in deutschen Reisepässen ein Angabenfeld „Besondere Kennzeichen“. „Blinddarmnarbe“ hätte da bei mir stehen können. Das Feld war aber leer.

Weil die Jünger den Auferstandenen nicht erkennen, weist er sich aus. Sein Ausweis sind „besondere Kennzeichen“: die Wundmale an Händen und Füßen.

Es sind Wunden, nicht Narben, die die Jünger sehen. Die Goldene Legende (Legenda Aurea, 13. Jh) berichtet, wie sich dem Hl. Martin von Tours eine herrliche Gestalt als der auferstandene Christus ausgibt. Martin entlarvt den Betrug des Versuchers: „Ich werde nicht glauben, Christus sei gekommen, außer ich sehe ihn in der Gestalt, in der gelitten hat, und mit den Wundmalen seiner Kreuzigung.“

Was sagt uns der Ausweis der Wunden?

Die Wunden sagen: „Ich bin es!“ Ich bin derselbe, der euch gerufen, den ihr gehört, dem ihr geglaubt habt und dem ihr nachgefolgt seid, der gegeißelt und gekreuzigt wurde, um den ihr getrauert und den ihr aufgegeben habt.

Die Wunden sagen: „So seid ihr!“ Weil auch ihr Wunden tragt und verletzt seid – offenbar oder verborgen. Und weil auch ihr Wunden schlagt an Leibern und Seelen – offenbare und verborgene.

Die Wunden sagen: „So bin ich!“ Ich halte mein Wort, wie der Vater sein Wort hält. Ich lebe euer Leben mit Euch und mache eure Wunden zu meinen Wunden. Ich lasse mich nicht herauswerfen aus der Welt. Ich bleibe – auch unter den Schlägen der Menschen – und liebe euch durch den Tod hindurch.

Und die Wunden sagen: „So wird es sein!“ Der Himmel und die Gemeinschaft mit Gott ist nicht die heile Alternative zur Welt, sondern ihr Ziel. Alles soll einmal vor Gott kommen und dort geheilt, versöhnt und vollendet werden.

Ihr braucht euch eurer Wunden nicht zu schämen, sagen uns die Wunden des Auferstandenen. Sie sind eure Erkennungszeichen vor ihm.

Vor ein paar Jahren habe ich nach Ostern im Libanon über diese Stelle gepredigt. Um mich lauter schwerstbehinderte Menschen und ihre Begleiter. Vor mir saß der zwölfjährige Toufik – den Kopf voller frischer Wunden.

Und ich dachte: Die Auferstehung Jesu ist keine Geistergeschichte. Die Wunden des Auferstandenen sind so real wie die von Toufik. Und deren Heilung, Versöhnung und Vollendung beginnt bereits da, wo wir die Wunden der Menschen berühren, die Jesus zu seinen gemacht hat.

Fra’ Georg Lengerke

Einander Sichtbares und Unsichtbares glauben Joh 20,19-31

„Was brauchst du, um jemandem glauben zu können?“, fragt mich die Freundin während ich mit einem befreundeten Ehepaar wandern bin. Wir sprechen über das Evangelium vom Zweifel des Thomas und seine Begegnung mit dem Auferstandenen. Was brauche ich, um glauben zu können? Wir kommen miteinander auf dreierlei:

Erstens einen Menschen, den ich für glaubwürdig halte. Zweitens die Heilung meines Misstrauens. Und drittens eine Botschaft, die für mich so relevant ist, dass mir nicht einfach egal sein kann, ob sie wahr ist oder nicht.

Dann erzählen wir uns von Menschen, denen wir geglaubt haben. Glaube ist Beziehungssache. Geglaubt habe ich immer jemandem etwas.

„Weil du gesehen hast, Thomas, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“, sagt Jesus zum Apostel Thomas. Der hatte den übrigen Aposteln den Bericht über die Begegnung mit dem Auferstandenen acht Tage zuvor nicht geglaubt.

Wenn ich mit Menschen über den religiösen Glauben spreche, sind wir schnell bei der Frage, ob wir das Wissen dem Glauben nicht besser vorziehen sollten, und ob das nicht genüge.

Etwas wissen im engeren Sinne bedeutet, es selbst gesehen, überprüft und erkannt zu haben. Aber das gilt nur von einem Bruchteil von dem, wovon ich sage, dass ich es weiß. Das meiste, was ich weiß, habe ich anderen geglaubt: Erst den Eltern und Geschwistern, dann Freunden und Lehrern, später Wissenschaftlern und Journalisten.

Mein Wissen nährt sich aus einem Beziehungssystem, dass auf der Verpflichtung zur Wahrheit, auf Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit gegründet ist.

Wenn wir uns daran in unserem alltäglichen Tun erinnern, dann stellen wir fest, wie zerstörerisch, ja tödlich für den Einzelnen und jede Gemeinschaft die Lüge ist und das von ihr erzeugte Misstrauen, das wiederum Lügen gebiert. Es gibt relative Erkenntnisse der Wahrheit und Perspektiven auf sie. Wer aber die Wahrheits- und Erkenntnisfähigkeit des Menschen per se leugnet, darf sich über Fake-News und „alternative Fakten“ nicht beklagen.

„Weil du gesehen hast, glaubst du“, sagt Jesus zu Thomas. Auch die Wahrheit und die Bedeutung des Gesehenen müssen wir glauben, wenn wir es wissen wollen. Dass etwas ist und nicht nur scheint, als ob. Dass Du Du bist und kein anderer. Dass Dein Lächeln Glück oder Freundlichkeit und nicht nur Maske ist. Die Notwendigkeit, uns der Wahrheit anzuvertrauen, nimmt uns keiner ab. Wie sehr wir das getan haben, merken wir oft erst, wenn wir enttäuscht werden.

In der Begegnung von Jesus und Thomas geht es nun darum, Unsichtbares und einem Unsichtbaren zu glauben: „Selig, die nicht sehen und doch glauben“, sagt Jesus zu dem zweifelnden Apostel.

Auch im Alltag ist übrigens oft das Entscheidende selbst unsichtbar. Geist, Liebe, Glück können wir nicht selbst, sondern nur in Anderem sehen. Und auch unsere Nächsten sind mehr als das, was wir von ihnen sehen und messen können. Wir müssen also zunächst – über das Sichtbare hinaus – unsere(!) Nächsten glauben, bevor wir unseren(!) Nächsten und an unsere Nächsten glauben können.

Noch ist der Auferstandene sichtbar. Aber bald wird er an dieser einen Stelle der Welt unsichtbar sein, um nach Pfingsten an allen Orten der Welt geglaubt und erkannt, geliebt und in der Liebe versichtbart zu werden.

Wir drei Freunde erzählen einander beim Gehen allerlei Altes und Neues, Ernstes und Spaßiges. Und in allem geht es irgendwie um den Glauben, die Hoffnung und die Liebe. Und wieder einmal staune ich: Der Auferstandene hat sich unseren Beziehungen anvertraut. Es gibt für uns zu ihm keinen Weg an den Anderen vorbei; und es gibt für ihn zu uns keinen Weg an den Anderen vorbei, wenn der Unsichtbare unter uns erkennbar, wahrnehmbar und in seiner Liebe für uns rettend werden soll.

Ich glaube den Freunden die Gegenwart des Auferstandenen unter uns und seine Liebe zu mir, mit der zusammen ich die Menschen lieben darf.

Fra' Georg Lengerke

Österliche GrabesUnruhe – Wenn eine todsichere Gewissheit erschüttert wird

(Deutschlandfunk, Am Sonntagmorgen, Ostersonntag, 31. März 2024)

In der vergangenen Nacht hat die Christenheit begonnen, das Osterfest zu feiern. Die letzten Tage waren in vielen Gemeinden davon geprägt, in Gottesdiensten die letzten Stationen im Leben Jesu nachzugehen. Sie haben seinen Einzug nach Jerusalem gefeiert und des letzten Abendmahls gedacht. Sie haben die Berichte von Gefangennahme und Prozess, Hinrichtung und Kreuzestod Jesu gelesen und gestern an seine Grabesruhe erinnert. Die Feier der Osternacht mündete heute dann in den Osterjubel über die Auferstehung Jesu: „Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaft auferstanden. Halleluja.“

In dieser Sendung zum Osterfest möchte ich aus verschiedenen Perspektiven diesen Übergang von der Grabesruhe zum Osterjubel betrachten. Denn beim näheren Hinsehen ist für die Menschen um Jesus die Grabesruhe bereits eine Grabesunruhe. Und das Grab Jesu wird zu der Stelle, an der das Siegesfest des Lebens mit einem Todesschrecken beginnt.

1. Ruhe sanft!

Am Ende der Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach scheint endlich alles vorbei zu sein. Nach dem Prozess und der Leidensgeschichte bis zum Tod des gekreuzigten Jesus besingt und beweint der Chor den Begrabenen:

„Wir setzen uns mit Tränen nieder /
Und rufen dir im Grabe zu: /
Ruhe sanfte, sanfte ruh!“

Die Grabesruhe Jesu wird in den Tagen vor dem Osterfest eigens begangen. Am Karfreitag wird feierlich und mit verteilten Rollen die Leidensgeschichte Jesu gelesen. Anschließend folgt eine feierliche Kreuzverehrung. Nach dem Gottesdienst ist die Kirche leer und dunkel. Aller Schmuck und jedes Zeichen von Feierlichkeit wird entfernt. Am Karsamstag dann ist alles still. Es werden keine Gottesdienste gefeiert. Die Kirche begeht die Grabesruhe Jesu.

Für mich hat die Grabesruhe des Karsamstags immer etwas Ambivalentes. Einerseits empfinde ich ein Aufatmen über das „Es ist vollbracht“, das Jesus am Ende seines Lebens spricht. Ich bin erleichtert, dass die Qual ein Ende hat und möchte einstimmen, wenn am Ende der Matthäuspassion der Chor dem Gestorbenen zuruft: „Mein Jesu, gute Nacht!“ und „Ruhe sanfte, sanfte ruh!“

Andererseits fallen Wunsch und Empfinden nicht selten auseinander, wenn Menschen um einen geliebten Menschen trauern. Die Ruhe, die sie dem Verstorbenen wünschen, stellt sich bei den Trauernden selbst oft lange nicht ein. Der Tod eines lieben Menschen kann uns aufwühlen. Die Liebe sehnt sich nach einem Wiedersehen. Schmerz und Trauer versetzen das Empfinden und Denken in Unruhe. Vor allem dann, wenn es sich um einen plötzlichen oder dramatischen oder gar um einen von anderen Menschen verschuldeten Tod handelt.

Und wie sieht es angesichts des Todes eines vertrauten Menschen mit der Frage nach Schuld und Vergebung aus? Wenn er an uns oder wir an ihm schuldig geworden sind, ist mit seinem Tod für uns ja nicht einfach alles vorbei. Habe ich eine Hoffnung und einen Willen, dass auch mein Widersacher Versöhnung und Frieden oder vielleicht sogar unsterbliches Leben findet? Und wie soll Versöhnung geschehen, wenn einer unwiderruflich gegangen und die Zeit zum Gespräch verstrichen ist?

Am Karsamstag, dem Tag der Grabesruhe Jesu, sitzt mir seine Leidensgeschichte noch in den Knochen. Nicht allein wegen der Drastik des Geschilderten, sondern auch wegen der Rolle derer, die Jesus am nächsten waren. Als Jesus verhaftet wird, geraten die Jünger in Panik und fliehen. Einer, den man noch am Gewand packt, entledigt sich dessen und läuft nackt in die Nacht. Petrus, der Erste der Apostel, dem Jesus am meisten vertraut hatte, will ihn nicht mehr kennen und beteuert feierlich, nichts mit dem Mann aus Galiläa zu tun zu haben. Ein anderer hat ihn verraten und bringt sich anschließend um. Alle anderen sind auf der Flucht. Beim Sterben Jesu und seiner Grablegung sind um die Mutter Jesu nur noch eine Handvoll Getreuer übriggeblieben. Alle anderen sind weggelaufen… Wie ruhig mag für sie die Grabesruhe Jesu gewesen sein? Und wo wäre ich an ihrer Stelle gewesen?

Die Unruhe seiner Nächsten, in das Sterben Jesu irgendwie verwickelt zu sein, findet auch in der Matthäuspassion ihren Ausdruck. Der Chor trauert nicht einfach, sondern beweint den Gestorbenen „mit Buß und Reu“:

Sprecher
„O selige Gebeine,
Seht, wie ich euch mit Buß und Reu beweine,
Dass euch mein Fall in solche Not gebracht!
Mein Jesu, gute Nacht!“

Die Menschen um Jesus ahnen, dass sein Tod mit ihrem Tun und Unterlassen, mit ihrem Leben und Sterben zu tun hat. Und sie fragen sich, ob es das schon gewesen sein kann.

Wenn Menschen sterben, die uns nahe sind, dann werden Erinnerungen wach. Wir erzählen einander, was wir mit dem Verstorbenen erlebt haben, was er gesagt und getan hat, was wir ihm zu verdanken haben oder wo wir uns schwer mit ihm taten. Das war mit Jesus nicht anders. Die an ihn geglaubt haben, haben über das Erlebte nachgedacht und anderen von ihm erzählt. Später wurde es aufgeschrieben, so dass wir heute die Schriften des Neuen Testaments in der Bibel haben, in denen die Zeugen und ihre unmittelbaren Nachfolger uns von Jesu Wort und Wirken berichten.

Das Beunruhigende an Jesus war für seine Freunde jedoch, dass er auch selbst über das gesprochen hatte, was nun eingetreten war: von seinem Leiden und Sterben und von seiner Auferstehung. Aber seine Jünger waren damit nicht zurechtgekommen. Sie reagierten sehr unterschiedlich: Sie schwiegen ängstlich und trauten sich nicht bei Jesus nachzufragen. Sie widersprachen und versprachen ihm, ein solches Widerfahrnis notfalls unter Einsatz ihres Lebens verhindern zu wollen.

Wie aber mag es ihnen nach dem Tod Jesu mit seinen Worten ergangen sein? Zum einen war da die Enttäuschung. Hatte Jesus nicht einen Neuanfang versprochen? Und sollte sich der nicht auch in den gesellschaftlichen und politischen Zuständen im Volk Gottes und unter allen Völkern zeigen. „Wir aber hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde“, sagen zwei seiner Jünger nach der Hinrichtung Jesu zu einem fremden Dritten (Lk 24,21). Auch das gehört zur Grabesunruhe nach dem Tod Jesu: der Umgang mit der Enttäuschung und die Frage nach den unerfüllten Hoffnungen.

Aber zugleich beginnt ein Nachdenken, das in der Christenheit weitergeht – bis zum heutigen Tag. Nachdem Jesus seinen Tod und die darauffolgende Auferstehung angekündigt hatte, heißt es über die Jünger Jesu:

Sprecher
„Dieses Wort beschäftigte sie und sie fragten einander, was das sei: von den Toten auferstehen.“ (Mk 9,10)

Die Unruhe unter den Anhängern Jesu aufgrund seiner Worte und angesichts seines Grabes hört nicht auf. Eigentlich müsste man das von den Christen bis heute sagen können, dass sie einander fragen, was das eigentlich sei: die Auferstehung von den Toten.

2. Grabesunruhe III.: „Er ist nicht hier“ (Lk 24,6)

Die Evangelien berichten von dem Moment, in dem die Grabesunruhe um sich greift und den Kreis der Jüngerinnen und Jünger sprengt. Es ist der Ostermorgen. Eine Nachricht macht die Runde, die zunächst keine Freudenbotschaft, sondern eine Schreckensnachricht ist: Der Leichnam ist unauffindbar. Das berichten zuerst Frauen, die vom Grab kommen, aber denen man nicht glaubt. Die beiden bereits erwähnten Jünger erzählen ihrem fremden Begleiter:

Sprecher
„Einige Frauen aus unserem Kreis haben uns in große Aufregung versetzt. Sie waren in der Frühe beim Grab, fanden aber seinen Leichnam nicht.“ (Lk 24,22f.)

Vielleicht wird darüber zu wenig nachgedacht: dass Ostern nicht mit einer freudigen Überraschung, sondern mit einem Todesschrecken beginnt. Entsetzen folgt auf Entsetzen. Auf das Trauma des Sterbens Jesu folgt das Trauma der Wegnahme seines Leibes. Alles, das ganze Leben, selbst die Verlässlichkeit des Todes wird infrage gestellt. Das Erschrecken, das dabei über die Beteiligten kommt, hat jedoch unterschiedliche Folgen, je nachdem, worum es ihnen zuvor ging und wie sie zu Jesus standen. Im Matthäusevangelium sind das zuerst die Frauen, die zum Grab kommen, und die Wächter, die am Grab stehen.

Beiden geht es zunächst darum, sich des Toten zu versichern. Die Wächter sind zum Grab abkommandiert worden, damit der Leichnam nicht gestohlen wird, und seine Anhänger nicht behaupten können, der Gestohlene sei auferstanden. Sie sind gewissermaßen die Gewährsleute der Grabesruhe Jesu. Die Frauen kommen, um Jesus einen letzten Liebesdienst zu tun und seinen Leichnam zu waschen und zu salben. Die Wächter stellen sich vor den Tod. Die Frauen stellen sich dem Tod. Die Wächter erstarren und sind „aus Furcht […] wie tot“. Die Frauen hören die Botschaft über den Auferstandenen und „verließen das Grab voll Furcht und großer Freude“. Die Wächter sind zu Tode erschrocken. Die Frauen sind zum Leben erschrocken.

Bei den Zeugen der Auferstehung muss zuerst die Todesgewissheit erschüttert werden, bevor die Lebensgewissheit sie erschrecken kann. Und wo die Osterbotschaft seitdem die Menschen erreicht und im Glauben angenommen wird, da ist und bleibt sie eine Erschütterung. Menschen wurden und werden erschüttert in ihrer Angst vor dem Tod, wenn sie zu glauben beginnen, dass sich in Jesus eine Liebe zu den Menschen gezeigt hat, die durch den Tod hindurch geht und gilt. Menschen wurden und werden erschüttert im Glauben an die Welt als ein geschlossenes System und an eine menschliche Allmacht, die uns noch immer weder retten noch unsterblich machen kann. Auch und gerade die Christen wurden und werden erschüttert in ihrem Glauben an einen Gott, der sich aus der Welt heraushält, oder an einen, der in der Welt einfach aufgeht.

3. Grabesunruhe IV.: Die Unruhe der Grabwächter

Seit der Karwoche 2020 muss ich oft an die Rolle der Wächter denken, die die Grabesruhe bewachen sollen. Es war die Hochphase des ersten Corona-Lockdowns mit den verschärften Kontaktbeschränkungen. In der kleinen Maltesergemeinschaft, in der ich in München lebe, haben wir in unserer Kapelle unterm Dach zu fünft die Gottesdienste der Tage vor und an Ostern gefeiert. Für Gäste und Bekannte, die diesmal nicht teilnehmen dürfen, übertragen wir im Livestream. Nach dem Gottesdienst am Gründonnerstagabend lesen wir den Bericht der Verhaftung Jesu. Da klingelt es.

Zwei Polizeibeamte stehen vor der Tür. Offenbar hatten uns Nachbarn denunziert. Es hieß, bei uns seien angeblich 20 Leute zu einer unerlaubten Corona-Party. Wir stehen mit den Polizisten im Flur. Ich trage ein weißes Messgewand und es riecht nach Weihrauch. Die Polizisten lassen sich nichts anmerken und haben ihre Mienen erstaunlich gut im Griff. Wir erklären, wer wir sind, dass wir hier wohnen und was wir hier am Gründonnerstag machen. Die Polizisten, sachlich und von dienstlicher Freundlichkeit, schauen durch alle Zimmer, hinter die Türen und auf die Balkone und gehen wieder.

Wir sind uns bald einig, dass wir gar nicht wissen wollen, wer die Polizei zu uns geschickt hat, und ob es böser Wille, Misstrauen oder Panik war, weshalb sie gerufen wurde. Ich fand es damals auch grundsätzlich sinnvoll, dass die Polizei die Einhaltung der Regeln überwacht. So wie ich es sinnvoll fand, dass Pilatus eine Wache ans Grab gestellt hat. Das konnte den Christen ja nur recht gewesen sein.

Gefährlich wird es da, wo ein Nachbar zum Grabwächter des anderen wird. Wo die Angst vor dem Tod zur Angst vor dem Leben wird, da hört das Leben auf. Wo aber Menschen aufhören zu leben, um nur ja nicht zu sterben, da hat der Tod schon gewonnen. Da sind wir – wie die Grabwächter – „aus Furcht […] wie tot“.

Das Corona-Osterfest 2020 unter den Augen pflichtbewusster Grabwächter hat mich gelehrt, dass wir uns – wie die Frauen – an Ostern dem Tod erst stellen müssen, wenn unsere Todesgewissheit erschüttert werden soll. Das wäre schon mal etwas. Und vielleicht wird es uns einmal wie den Frauen gehen, für die mit einer solchen Erschütterung schon die Freude darüber beginnt, dass ihnen eine Liebe vorangeht, über die der Tod keine Macht mehr hat.

4. Maria Magdalena – Die Konversion zum Frieden

In der Erzählung von Maria Magdalena am leeren Grab wird die „Erschütterung zur Freude“ beschrieben, die die Auferstehung Jesu für die Zeugen bedeutet hat. Und zwar mit einer doppelten Wende:

Nach dem Johannesevangelium ist Maria Magdalena die erste am leeren Grab. Während sie weinend am Grab steht, sieht sie zwei Engel, denen sie von der Wegnahme des Leichnams Jesu erzählt. Dann heißt es zum ersten Mal: „Sie wandte sich um“, vom Grab weg. Nach dieser Wende sieht sie Jesus. Sie hält ihn zunächst für den Gärtner. Als Jesus daraufhin ihren Namen ruft, „Maria!“, heißt es nochmal: „Sie wandte sich um“. Erst dann erkennt sie Jesus: „Rabbuni! – Meister!“, ruft sie aus. Zwei Mal steht da im lateinischen Text das Wort „conversa – sie wandte sich um“.

Die erste Wende der Maria Magdalena ist die Umkehr weg vom Grab. Diese erste Wende ist eine Abwendung von der Fixierung auf den Ort der Trauer und des erneuten Grauens angesichts der Wegnahme des geschundenen geliebten Leibes aus dem vermeintlich todsicheren Grab. Der Tote ist nicht, wo er sein sollte. Mit dem Toten ist ihr auch die Gewissheit des Todes geraubt. Die sterbliche Welt ist in ihren Grundfesten erschüttert. Maria wendet sich ab.

Und in der Wegwendung vom Grab begegnet sie dem vermeintlichen Gärtner. Noch ist die österliche Wende zum Leben nicht abgeschlossen. Noch sucht sie den weggenommenen Toten. Bis der für den Gärtner Gehaltene sie mit ihrem Namen anspricht: „Maria“. Das war die Stimme, die sie kannte und von der sie gekannt wurde. Beides, die Vertrautheit der Stimme und die Erfahrung, von ihr gemeint zu sein, muss Maria wie aus einem bösen Traum geweckt haben. Diese zweite Wende ist Erkennen und Hinwendung.

Auf einem von Agnolo Bronzino, dem Hofmaler der Medici, 1561 gemalten Bild dieser Begegnung sieht es so aus, als wäre Maria Magdalena auf ihrer Suche schon an Jesus vorbeigegangen und würde sich jetzt noch einmal umwenden zu dem, der sie rief. Sie schaut nochmal zurück und erkennt den gekreuzigten Auferstandenen. Sie sieht aus, wie gerade erwacht. So als würde sie jetzt sehen, was sie vorher nicht sehen konnte. So mag uns das eines Tages vorkommen: dass wir im Tod aufwachen und merken, dass die Herrschaft des Todes, mit seiner Faszination und seinem Schrecken, nur ein böser Traum war, weil wir zu dem hin aufwachen, der unser Leben gelebt und für uns den Tod besiegt hat.

5. Der Friede der geliebten Mörderin

Von einer, die ein solches Erwachen erlebt hat, will ich am Schluss noch erzählen. Vor einigen Jahren besuchte ich in Brasilien die Fazenda da Esperança, eine katholische Gemeinschaft, die vor allem aus ehemaligen Drogenabhängigen und solchen besteht, die auf dem Weg aus der Droge sind. In dieser Gemeinschaft steht die gemeinsame Arbeit im Mittelpunkt, vor allem aber das gemeinsame Hören und Tun des Wortes Gottes. Viele entdecken auf diesem Weg ihre eigene Würde wieder und finden aus den alten Abhängigkeiten in eine neue Stärke und Freiheit.

Bei einem Besuch in einem von Frauen bewohnten Haus der Gemeinschaft, begegnete ich einer jungen Frau von vermutlich Anfang zwanzig. Sie begann ihre Geschichte mit dem Satz: „Wenn Sie mein Leben verstehen wollen, müssen sie wissen, dass ich seit meinem 8. Lebensjahr missbraucht worden bin.“ Sie sagte das mit einer Mischung von Klarheit, Schmerz und Freundlichkeit, die ich so noch nie bei einem Menschen erlebt hatte. „Als ich 12 war“, fuhr sie fort, „habe ich es nicht länger ertragen. Gemeinsam mit einer Freundin habe ich den Mann umgebracht, der mir das antat.“ Wie sie das sagte, hatte es nichts Sensationelles, nichts Verharmlosendes, auch nichts Verhärtetes oder Abgehärmtes. Sie warb auch gar nicht um Verständnis oder Nachsicht. Es war, als wollte sie einfach sagen: So war es. So war ich. Das habe ich getan. Sie kam ins Gefängnis, an Drogen, in neue Abhängigkeiten, erlebte immer wieder sexuelle Nötigung. „Es war, als wäre ich lebendig tot“, sagt sie.

Nach drei Jahren bot ihr der Richter an, in die Fazenda zu gehen, um dort einen neuen Weg ins Leben zu finden. Nach drei Jahren. Ich hatte sie für Anfang zwanzig gehalten, aber vor mir stand ein 15jähriges Mädchen, die eine Frau war, übersatt an Lebens- und Todeserfahrung. Eine Frau, die Abgründiges erlitten und Furchtbares getan hat. Nun war sie ein halbes Jahr in der Fazenda. Und sie sagte mir: „Hier habe ich einen Gott kennengelernt, mit dem ich dem Mann vergeben kann, der mir meinen Leib und mein Leben nahm. Für andere und auch für mich selbst war ich nur noch ein Stück Dreck. Heute kenne ich einen Gott, der als Mensch mit mir ein Stück Dreck wurde, der mit mir tot war und lebendig wurde. Ich habe einen Gott kennen gelernt, für den ich kostbar und wertvoll bin, der mich liebt und mir gut ist – obwohl ich eine Mörderin bin.“

Ich denke noch sehr oft an diese junge Frau. Sie hat mir geholfen zu verstehen, wohin uns die Grabesunruhe Jesu führen kann, was es bedeutet, wenn unsere Todesgewissheit erschüttert wird und worin die Erfahrung von Auferstehung schon vor dem Tod bestehen kann. Ihre Erfahrung entspricht der Erfahrung der frühen Zeugen, wie der Apostel Paulus, der der Gemeinde in Ephesus schreibt:

Sprecher
„Gott aber, der voll Erbarmen ist, hat uns, die wir infolge unserer Sünden tot waren, in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat, zusammen mit Christus wieder lebendig gemacht.“ (Epheser 2,4)

Fra‘ Georg Lengerke, München

Heute kommt die Verschwendung (Palmsonntag) Mk 14,7

Während meines Theologiestudiums war ich bei Freunden zum Abendessen eingeladen. Sie hatten zwei Töchter von vielleicht 13 und 15 Jahren. Vor dem Essen sagt die Mutter in der Küche: „Die Mädchen haben Dir übrigens einen Spitznamen gegeben.“ „Ach so?“ frage ich amüsiert. „Ja, beim Frühstück sagten sie: Heute Abend kommt die Verschwendung.“

Das war ein liebevoll-spöttisches Kompliment von Teenagerinnen an einen Spätzwanziger, dass dieser nicht bloß aus Mangel an Alternativen Priester werden wollte. Ich gestehe, dass ich damals für ein solches Kompliment nicht unempfänglich war.

Aber eigentlich ist „Verschwendung“ kein positiv konnotierter Begriff. Sie besteht in einer unverhältnismäßigen, vergeblichen Ausgabe oder Verausgabung. Sie ist ökologisch, wirtschaftlich oder gesundheitlich nicht zu verantworten. Und sie gehört zur Luxuria, der Wollust, einem der Hauptlaster des klassischen Lasterkataloges.

Die Neckerei der Mädchen hatte mich gefreut. Aber sie erinnerte mich zugleich an eine ernste Lebensfrage. War mein Leben nicht vielleicht wirklich eine Verschwendung? Bedeutete die Entscheidung, Priester und nicht Rechtsanwalt zu werden, ein Erbe nicht anzutreten, das Mädchen, das ich lieb hatte, nicht zu heiraten, keine Kinder und keine Familie zu haben, nicht doch eine vergebliche Vergeudung meines Lebens? Hatte ich mein Leben für einen Irrtum, schlimmstenfalls für eine Ideologie und Pfaffenlüge eingesetzt? Später wurden mir solche Fragen von anderen auch weniger freundlich gestellt.

Am Beginn der Heiligen Woche wird am Palmsonntag die Leidensgeschichte Jesu gelesen. Vor dessen Ankunft in Jerusalem erzählt Markus von einer Begegnung in Betanien, bei der eine Frau (bei Johannes ist es Maria, die Schwester der Freunde Jesu Marta und Lazarus) mit einem Alabastergefäß von „echtem, kostbarem Nardenöl“ an Jesus herantritt und ihm das Haupt salbt.

„Wozu diese Verschwendung?“, murren die Jünger Jesu. „Man hätte das Öl um mehr als dreihundert Denáre verkaufen und das Geld den Armen geben können.“

Warum Öl im Wert des Jahresgehalts eines Arbeiters für eine scheinbar sinn- und folgenlose Geste? Warum erlesenste Körperpflege für einen, der Einfachheit gepredigt hat und sowieso bald sterben wird? Warum tut jemand so was?

Nun, zunächst möglicherweise einfach so. Die Liebe braucht kein Wozu. Die Liebe bezweckt nichts. Es geht ihr nur um den Anderen – um seiner selbst willen. Sie sagt: Du bist es wert.

Dann ist es aber auch ein Akt der Verehrung über alles menschlich zu Rechtfertigende hinaus. Der so Verehrte ist nicht einer unter vielen. Er ist unvergleichlich. Eine solche Ehre kommt nur Gott zu.

Jesus selbst gibt einen weiteren Grund: „Sie hat im Voraus meinen Leib für das Begräbnis gesalbt.“ Hingerichteten Verbrechern wurde die rituelle Salbung vor dem Begräbnis verwehrt. Vor seinem Sterben erlaubt Jesus Maria diesen letzten Liebesdienst.

Und Maria erwidert damit die Liebe Jesu. Sie will verschwenderisch lieben wie er. Und sie will zeigen: Dein Leben und Sterben ist die maßlose Liebe Gottes zu uns, die nicht vergeblich ist und die uns sagt: Ihr seid es wert.

Jesus ergänzt ein Wort, das bis heute eine Provokation darstellt: „Die Armen habt ihr immer bei euch […]; mich aber habt ihr nicht immer.“ Jesus spielt seine Gegenwart damit nicht gegen die der Armen aus. Aber er erinnert uns, über die Armen seine Gegenwart nicht zu vergessen. Denn sie ist die Gegenwart der Liebe Gottes zu den Armen. Ihm die Ehre geben, heißt dem die Ehre geben, dessen Liebe zu den Armen der unseren vorausgeht, sich in unserer offenbaren will und über unsere Liebe hinausgeht.

Ich denke noch heute manchmal an den Scherz der beiden Mädchen. Sie erinnern mich daran, dass es im Leben der Christen darum geht: dass sie mit Christus als verschwenderisch Geliebte verschwenderisch lieben. Wenn ich das versuche, dann wird mein Leben hoffentlich eine Verschwendung, aber gewiss nicht vergeblich gewesen sein.

Fra’ Georg Lengerke

Don’t beam me up, Scotty – Beam mich hier nicht raus Joh 12,20-33

„Beam me up, Scotty!” Der Satz gilt als das berühmteste Zitat aus der Serie „Raumschiff Enterprise“. In der Science-Fiction-Serie befindet sich Captain Kirk auf einem Planeten und bittet seinen Chefingenieur Scott, ihn durch „Teleportation“ (also durch Zerlegung hier und Rekonstruktion dort in Sekundenschnelle vermittels Strahlen) wieder ins Raumschiff zurück zu „beamen“. Seither wird es scherzhaft als Wunsch verwendet, aus einer mühsamen oder aussichtslosen Situation augenblicklich herausgeholt und befreit zu werden.

Im Science-Fiction ist das der Befehl an den Chefingenieur. In der irdischen Welt entspricht dem die flehentliche Bitte an Mensch und Gott: „Rette mich!“ und: „Reiß mich heraus!“ (Ps 71,2; 144,7)

Im Johannesevangelium ist für Jesus nach dem Einzug in Jerusalem dieser Moment gekommen. Alle Entscheidungen um ihn herum sind gefallen. Jesus ist im Innersten erschüttert. Und er formuliert die letzte Entscheidung, die noch aussteht: „Was soll ich sagen: Vater, rette mich aus dieser Stunde?“

Das ist ein wichtiger Moment: Bevor Jesus darum bittet, aus dieser Situation gerettet zu werden, fragt er: „Was soll ich sagen?“ Soll ich darum bitten, aus dieser Situation herausgenommen zu werden? Ist gerettet werden das, worum es jetzt geht? Ist es das, was der Vater von mir und für mich will?

Im Gebet geht es vor der Bitte um Rettung oder anderes immer zuerst darum, nach dem Willen Gottes – also nach dem Gerechten, Guten und der Liebe Gemäßen – zu fragen. Deshalb wird im Vaterunser zuerst um die Erfüllung des Willens Gottes und erst dann um das tägliche Brot gebetet.

„Soll ich sagen: Vater rette mich aus dieser Stunde?“, fragt Jesus. Das ist eine echte Frage. Jesus hätte das nämlich tun können. Einem seiner kampfbereiten Jünger sagt er vor seiner Verhaftung: „Glaubst du nicht, mein Vater würde mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel schicken, wenn ich ihn darum bitte?“ (Mt 26,53) Aber er bittet nicht um zwölf Legionen Engel. Er bittet nicht um Rettung aus dieser Stunde. Warum nicht?

„Deshalb bin ich in diese Stunde gekommen“, sagt er. Und bittet: „Vater, verherrliche deinen Namen.“ Das bedeutet: Ich bin in diese Stunde gekommen, damit der Vater da, wo ich bin, und indem ich da bin, wo ich bin, seinen Namen verherrlicht.

Der unaussprechliche „Name“ Gottes steht für seine Anwesenheit, seine Ansprechbarkeit und sein Wirken dort, wo „sein Name wohnt“ (Jes 18,7). Vater, offenbare deine Ansprechbarkeit und dein Wirken!, bittet Jesus hier.

Jesus entzieht sich nicht. Er bleibt. Er hat erkannt: Der Vater braucht ihn gerade hier und gerade jetzt. Er hat hier und jetzt einen Auftrag, den es zu erfüllen gilt und den keiner statt seiner erfüllen kann. Hier und jetzt ist er die Stelle, in der die Liebe Gottes sich als treu erweist. Auch in allem Hass, der ihn treffen wird. Auch im Sterben. Auch im Tod und durch den Tod hindurch.

An diesem Wochenende bin in einem Seminar zum Thema Zeugnis. Kann das sein, dass mein Zeugnis ist, zu bleiben – und darauf zu verzichten aus dieser oder jener mühsamen oder gar gefährlichen Situation herausgenommen zu werden?

Jesus ist die Stelle der Offenbarung Gottes. Und alle, die zu ihm gehören, sollen es mit ihm werden. Für sie geht es nicht mehr nur darum, dass Gott bei ihnen ist. Sondern darum, dass sie bei Gott sind. „Wo ich bin, dort wird auch mein Jünger sein“, sagt Jesus.

„Beam me up, Scotty!” – Die Sache ist die, dass Captain Kirk diesen Satz in der Serie (1966-1969) so nie gesagt hat. Erst 1986, als es schon eine stehende Redewendung ist, greift Captain Kirk den Satz im Spielfilm Star Trek IV auf.

Im Original sagt Captain Kirk: „Two to beam up, Scotty“. Das ähnelt schon eher dem Gebet, das Jesus mit uns einmal beten wird: „Hier sind zwei, die gerettet werden sollen.“ Der Vater holt uns raus aus dem Tod. Zusammen mit dem Sohn. Wenn die Aufgabe erfüllt, der Dienst getan, das Wort gesagt und die Liebe am Ziel ist. Das hat er versprochen.

Fra’ Georg Lengerke