Die Apostelgeschichte erinnert uns an das differenzierte Verhältnis zwischen der Kirche und dem Staat, wie es sich in der Urkirche herausgebildet hat.
Einerseits betet sie für den Kaiser, um das Wohlergehen des Reiches und seiner Bürger und fordert den schuldigen Gehorsam gegenüber der Obrigkeit. Andererseits ist sie nicht bereit, sich irgendeiner irdischen Macht absolut zu unterwerfen: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen!“
Bis heute sieht die Kirche die Christen in der „Gewissenspflicht, die Vorschriften der staatlichen Autoritäten nicht zu befolgen, wenn diese Anordnungen den Forderungen der sittlichen Ordnung, den Grundrechten des Menschen oder den Weisungen des Evangeliums widersprechen.“ (KKK1 2242)
Ich habe nicht den Eindruck, dass wir schon so weit sind. Aber Wachsamkeit ist auf beiden Seiten angesagt. Der Staat fordert nun mit Recht von der Kirche Schutzkonzepte, wie unter Einhaltung hygienischer Standards wieder Gottesdienst gefeiert werden kann.
Aber wie groß ist eigentlich der Leidensdruck, daran gehindert zu sein? Eine Tochter aus einer Gastwirtsfamilie sagte mir vorgestern: „Wir leben von der persönlichen Begegnung, von Freundschaften, von Festen und vom gemeinsamen Essen. Wenn all das länger nicht erlaubt ist, können wir nicht überleben.“
Genau das müsste der Leidensdruck der Kirche sein. Wo der fehlt, stimmt bei uns was nicht. Wenn wir ihn hätten, kämen wir dem Gehorsamskonflikt vielleicht schon etwas näher. Sicherlich aber würden die Verhandlungen um die Gottesdiensterlaubnis sehr viel vernehmbarer geführt.
Fra‘ Georg Lengerke
1 KKK = Katechismus der Katholischen Kirche