Ein Hingucker ist etwas, was meine Blicke auf sich zieht und mich hingucken lässt. Mal zu meinem Nutzen und mal zu meinem Leidwesen.
Ein Hingucker kann aber auch jemand sein, der hinguckt. Sei es befugt und aus Sorge, sei es schamlos und aus Neugier.
Einer, der hinguckt, ist auf Griechisch ein „epi-skopos“. Daher kommt das deutsche Wort „Bischof“. Bisher hieß es in der heutigen Lesung, Jesus sei der „Hirte und Bischof“ unserer Seelen. Das war vielleicht missverständlich. In der Revision heißt es nun, er sei der „Hirte und Hüter“ unserer Seelen. Das ist er sicher auch. Aber „episkopos“ heißt nun wirklich nicht „Hüter“.
Wahrscheinlich sollten wir uns Jesus nicht zu sehr wie einen Bischof vorstellen. Stattdessen sollten wir uns einen Bischof mehr wie Jesus vorstellen, der der „episkopos unserer Seelen“ ist.
Solch ein „episkopos“ ist kein Hingucker, der den Blick und das Ansehen der Leute sucht. Sondern ein Hingucker, bei dem die Blicke derer bleiben, die nach dem Zeugnis der Apostel suchen.
Solch ein „episkopos“ ist kein Hingucker, den man für den Aufseher der Seinen hält. („Aufseher“ klingt im Deutschen einfach zu sehr nach „Lager“). Er darf auch kein Weggucker sein. Sondern ein Hinseher und ein Nachseher (und Nachgeher) für die, deren Seelen seiner Sorge anvertraut sind.
Bewahre mich, Herr,
vor den Hinguckern,
die meinen Blick fangen
und mich sehen machen wollen,
was nicht wahr ist
oder mich nichts angeht.
Herr, schenke uns Hingucker,
die nach denen sehen
(und denen nachsehen),
die ihnen anvertraut wurden,
und deren Blick
dem Deinen gleicht.
Du schaust mich an
und ich schaue Dich an.
Du bist der Hirt
und der Hingucker
meiner Seele.
Amen.
Fra‘ Georg Lengerke