08.07.2020
Ich bin bei „Und-ab-jetzt-wird-alles-anders“-Parolen immer etwas skeptisch. Das gilt für Abnehm-Ratgeber genauso wie für „Kirche-neu-träumen“-Projekte. Oftmals ist hinterher der Beratene dicker und der Zustand der Gemeinde desolater als zuvor.
„Nehmt Neuland unter den Pflug!“, ruft der Prophet Hosea in einer sozial und religiös desolaten Situation aus. Heute ist auch dieser Satz ein sicherer Kandidat für die Liste kirchlicher „Ab-jetzt-wird-alles-anders“-Parolen.
Aber als ich ihn damals las, kam mir meine Entscheidung, Priester zu werden, genau so vor: Wie der Aufbruch in ein neues Land, das ich nicht kannte und in dem zu wohnen ich mir bis dahin nicht vorstellen konnte. Der entscheidende Schritt war vielleicht, es glaubend für möglich zu halten, dass Gott mir das schenken kann: um seinetwillen so leben zu wollen.
Wo es mir wirklich um Gott und mit Gott um den Menschen geht, da kommt „Neuland“ zum Vorschein. „Neuland“ ist nicht „Traumland“, nach dem man sich vergeblich sehnt. „Neuland“ ist auch nicht das, worum es Verbänden, Gewerkschaften und Parteien auch schon geht – und „neuerdings“ endlich auch der Kirche.
Denn Gerechtigkeit ist wichtig, aber sie ist nicht Gott. Identität ist wichtig, aber sie ist nicht Gott. Klima ist wichtig, aber es ist nicht Gott. Die Gesundheit ist wichtig, aber sie ist nicht Gott.
Alle diese Themen machen von Gott her und auf Gott hin neu Sinn. Und diese Perspektive aufs „Neuland“ schulden wir dem gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Diskurs.
Wenn wir Gottes Gerechtigkeit säen, werden wir seine Liebe ernten, sagt Hosea. Und wenn wir Gott suchen, werden wir mit ihm auch den Menschen wiederfinden.
Fra‘ Georg Lengerke