Die Gaben ausgraben! Mt 25,14-30

Ob Flötenspiel, Mathematik oder soziale Kompetenz. Mach was aus Deinen Begabungen! Darüber wird an diesem Sonntag viel gepredigt werden. Schön. Aber das wussten wir schon. Dafür braucht es das Evangelium nicht.

Das Wort „Talent“ hat Karriere gemacht. Was in der Antike eine Währung war, ist heute ein Synonym für Begabung schlechthin.

Aber im Gleichnis werden Talente und Fähigkeiten unterschieden: Jeder bekam Talente je nach seinen Fähigkeiten.

Die Talente sind also nicht einfach nur natürliche Begabungen. Sie sind das „Vermögen“ Gottes. Und das ist im Doppelsinn des Wortes das, was Gott hat und kann.

Was ist das für ein Vermögen, das uns je nach unserer natürlichen Begabung anvertraut wird?

Folgendes fällt mir ein: das Zeugnis von der Gegenwart Gottes und sein wirksames Wort; Vergebung und Versöhnung und die Macht über die bösen Mächte; ein Dasein für die Leidenden, das von der Liebe Gottes erzählt, und heilige Zeichen, in denen Gottes Liebe über die unsrige hinausgeht.

Diese Gaben Gottes sind Einzelnen und der Kirche als ganzer anvertraut. Warum kommen sie nur so spärlich zum Vorschein?

Haben wir sie für unbedeutend gehalten, sie verachtet und vergessen? Oder haben wir andersherum versucht, ihren Wert zu bewahren, indem wir sie vergraben haben?

Irgendwann werden wir vom Geber der Gaben nach ihnen gefragt. Vorher ist es noch nicht zu spät, sie wieder auszugraben und den Menschen anzubieten.

Wir müssen sie der Gefahr des Spiels der Kräfte aussetzen. Denn sie ins Spiel zu bringen heißt sie aufs Spiel zu setzen. Wo wir das tun und im Kleinen treu bleiben, dort werden die Gaben und die Begabten um ein Vielfaches wachsen – weil Gott es mit uns will.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie