Kinderopfer Gen 22, 1-2.9a.10-13.15-18

Die Geschichte der Opferung Isaaks verstört. Gott befiehlt dem Abraham die Opferung seines Sohnes. Im letzten Moment fällt er ihm in die Hand, die das Messer hält. Gott verbietet die Tat – und lobt den Gehorsam des Abraham. Gott will keine Menschenopfer.

Es hat in der Welt Abrahams Religionen gegeben, in denen Menschenopfer an der Tagesordnung waren. Hier ist es, als gebärde Gott sich wie einer jener Götter, die Menschenopfer fordern, um so Abraham zu lehren, dass der Gott aller Götter keine Menschenopfer will.

Gott lenkt den Gehorsam des Abraham um. Vom Gehorsam gegenüber Göttern, die uns das Leben nehmen, hin zu dem Gott, der uns das Leben gibt.

Warum ist das heute wichtig? Weil das Menschenopfer nicht erst dort beginnt, wo ein Vater seinem Sohn die Kehle durchschneidet. Es beginnt z.B. dort, wo die Freiheit, das Glück oder das Leben von Kindern auf den Altären der Erwartungen oder Projektionen oder Prioritäten ihrer Eltern oder der sie umgebenden Gesellschaften geopfert werden.

Die Götter, für die einer dem anderen schrittweise das Leben nimmt, werden bis heute gut und gern bedient.

Wir können mit Abraham beides lernen: unbedingt auf den Gott zu hören, der uns das Leben gibt; und dass unsere Kinder nicht uns und nicht unseren Plänen gehören. Sondern Ihm.

So wie der Eine zu Gott gehört, von dem Er auf dem Berg sagt, er sei „Sein geliebter Sohn“.

Denn an der Wende der Geschichte dreht Gott das Bild um. Er selbst ist der Vater, der seinen Sohn in die Welt gibt. Der Sohn lässt sich geben und wird getötet. Aber nicht vom Vater, sondern von den Menschen. Bis heute. Mit jeder Lieblosigkeit.

Und im geliebten Sohn geht die Liebe Gottes selbst in den Tod. Warum? Um uns aus dem Tod herauszulieben ins Leben.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie