Was ich sehe und wie ich es sehe, das verändert mich. Zum Guten oder zum Schlechten.
Wie sehe ich? Indifferent oder teilnehmend? Schamlos oder diskret? Gierig oder gönnend? Glotzend oder Ansehen gebend?
Einige Griechen wollen Jesus sehen, sagt das Evangelium. Da sagt Jesus, was es zu sehen gibt: „dass der Menschensohn verherrlicht wird“.
„Herrliches“ wäre genau nach dem Geschmack der Zuschauer gewesen. Aber diese Verherrlichung ist anders.
Sie beginnt damit, dass Jesus verworfen, getötet und in die Erde gelegt wird.
Hier ist der Scheidepunkt. Sehen reicht nicht. Wer hier nur zusieht, sieht nur Scheitern und Betrug. Wer Jesus aber ansieht und von ihm angesehen wird, den ruft er, den Weg dieser irritierenden Verherrlichung mitzugehen.
„Wo ich bin, da wird auch mein Diener sein.“ Christsein heißt nicht nur, Christus zu bitten, dort zu sein, wo ich bin. Christsein heißt, dahin zu gehen, wo Christus ist.
So, sagt Jesus, machen das Leben und die Liebe Sinn: dass wir nicht nur säen, sondern gesät werden, wenn wir nicht fruchtlos bleiben wollen. Wer nichts außerhalb seiner selbst hat, wofür sich zu leben und zu geben lohnt, der ist lebendig tot und fruchtlos einsam wie ein ungesätes Weizenkorn.
Wen solches Mitgehen überfordert, der braucht Geduld – bis ihn jene paradoxe Anziehungskraft Gottes erreicht.
„Wenn ich über die Erde erhöht bin, werde ich alle zu mir ziehen“, sagt Jesus (Joh 12,32). Der von der Welt Abgestoßene und in ihren Augen Abstoßende wird zum Anziehungspunkt der Welt.
Doch zieht uns der Gekreuzigte zuerst nicht ausdieser Welt hinaus, sondern in diese Welt hinein. Dorthin, wo die Traurigkeit am Größten ist.
Dort wird er mit den Seinen erhöht.
Erst am Kreuz.
Dann im Sieg über den Tod.
Dann in das Leben,
das der Tod nicht töten kann.
Fra‘ Georg Lengerke