Kirche, weltfremd und hassenswert Joh 17,6a.11b-19

„Die Kirche darf nicht weltfremd sein“, sagt eine Frau in der Tagesschau über den Ökumenischen Kirchentag. Nun, das kommt bisschen auf die Welt an. Es gibt Momente, da darf die Kirche nicht weltfremd sein, und Momente, in denen muss sie weltfremd sein.

Die Kirche darf sich der Welt nicht entfremden, das stimmt. Sie darf sich nicht vor ihr ängstigen; ihre Botschaft darf für Menschen guten Willens nicht unverständlich sein; sie muss vertraut sein mit der Schönheit und Entstellung der Welt, an der sie ja selbst Anteil hat.

Andererseits hat sie ihren Ursprung in dem, von dem die Welt sich entfremdet hat. Dessen Wort stellt die Welt, wie sie ist, infrage. Ich kann verstehen, dass sie dieses Wort hasst; und den, der es gesagt hat; und die, die es weitersagen.

„Die Welt hat sie gehasst“, sagt Jesus, „weil sie nicht von der Welt sind, wie auch ich nicht von der Welt bin.“ (Joh 14,17) Wo die Christen Christus treu sind, dort gleicht ihr Weltverhältnis dem seinen. Sie dürfen weder weltfremder noch weltvertrauter sein wollen als er.

Gestern schrieb mir ein Freund, dem ich ein Thesenpapier geschickt hatte. Ich hatte mir Mühe gegeben und fand es nicht schlecht. Er lobte es höflich und ergänzte eine Perspektive, in deren Licht das ganze nur noch so halb stimmig war. Am Ende schrieb er augenzwinkernd: „So eine Antwort ist hassenswert.“

So ist es mit Jesus. Mit seinem Kommen kommt ein Licht in die Welt, in der Menschen das Ganze zu sehen beginnen und merken, dass ihr gewohntes Leben nur halb gut, halb wahr, halb glücklich gewesen ist.

Je verliebter ich in das halbe Leben bin, um so weltfremder und hassenswerter werde ich seine Antwort finden.

Weltvertraut und liebenswert wird sie mir dort sein, wo ich ihr glaube, dass sie mich zur Güte, zur Wahrheit und zum Glück führt.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie