Anteil am Leben – nehmen und geben. Gründonnerstag Joh 13,1-15

Weniger als die Hälfte der Deutschen wollen zu einer christlichen Kirche gehören. Je weniger es werden, umso wichtiger wird es, erklären zu können, worum es beim Christsein eigentlich geht. Welche Stichworte fallen Euch dazu ein?

Nächstenliebe, sagen die einen. Und andere erwidern, für die bräuchten sie die Kirche nicht. Im Gegenteil, sie hätten davon in ihr leider zu wenig erlebt.

Erlösung, sagen sie anderen. Und wieder andere fragen: Wovon und wie? Und möchten (wie Friedrich Nietzsche) wissen, warum so viele Christen so wenig erlöst aussehen.

Anteil sagen uns die Texte am Gründonnerstagabend, mit dem die „Heiligen drei Tage“ (das Triduum) von Ostern beginnen. Die einen fragen: Wie bitte? Die anderen erwarten gelangweilt schon wieder die üblichen pädagogischen und moralischen Ermahnungen.

Die Liturgie vom Gründonnerstag verbindet zwei Handlungen Jesu miteinander. Eine erklärt die jeweils andere. Und beide bereiten uns auf das vor, was kommt. In der Feier der nächsten Tage. Und im Leben der verbleibenden Jahre. Es sind die Fußwaschung und das Letzte Abendmahl.

Die Waschung der Füße der Jünger ist mehr als bloß eine Anleitung für den Dienst der Apostel. Es ist das, was Jesus für uns Heutige tun will. Und es ist das , was wir erlauben und uns zumuten sollen. (Wie viele haben mir dieses Jahr wieder erzählt, warum ihre Füße in ihrer Ungestalt sich nicht zum Waschen eignen!) Als Petrus sich weigert, sagt Jesus ihm, dass er keinen Anteil an Jesus bekommt, wenn er sich nicht waschen lässt.

Jesus nimmt Anteil an unserem Leben,indem er die staubigen Füße der Jünger in seine Hände nimmt. Wir sollen ihm Anteil an unserem Leben geben – so wie die Jünger ihre Füße in seine Hände gegeben haben (und damit auch ihre suchenden, irrenden Wege, ihre Mühsal, den staubigen oder verdreckten Teil ihres Lebens). Warum wir das tun sollen? Um Gottes willen – der das um unserer willen will.

In der Feier des Letzten Abendmahles und seither in jeder Feier der Eucharistie setzt Jesus die Geschichte der Anteilnahme und Anteilgabe fort. Gerade noch haben die Apostel ihre Füße und ihr Leben in seine Hände gelegt. Nun empfangen sie aus seinen Händen sein Leben und seinen Leib in der Gestalt des Brotes.

In seiner Menschwerdung nimmt Jesus am Leben eines jeden Menschen Anteil. In der Eucharistie wirbt er darum, dass Menschen an seinem Leben Anteil nehmen. Und nicht allein an seinem Leben, sondern auch an seinem Wort und seiner Tat, an seinem Lieben und Leiden, an seinem Tod und an seiner Auferstehung.

Es geht also in der Tat auch um die Nächstenliebe. Weil Gott seine Liebe zu uns und unseren Nächsten offenbart. Und weil der, der uns Anteil an seinem Leben gibt, uns befähigt, einander Anteil an unserem und an seinem Leben zu geben.

Und in der Tat geht es auch um Erlösung. Weil Gott uns von dem erlösen will, was wir einander und uns selbst antun – und was er sich als Mensch von uns Menschen antun lässt.

Davon handelt das Osterfest, das heute Abend beginnt.

Fra‘ Georg Lengerke

Programmhinweis: Morgen von 8.35 bis 8.50 Uhr gibt es im Deutschlandfunk ein Feature zum Karfreitag: Du stirbst meinen Tod. Was der Karfreitag meiner Sterblichkeit sagt. Die Sendung wird auch wieder über den BetDenkzettel abrufbar und lesbar sein.

Schott Tagesliturgie