Von Schurken lernen Lk 16,1-13

Mal ehrlich: Es gibt Menschen, mit denen ich ungern zusammen bin. Zum Beispiel mit Leuten, die offensichtlich die Unwahrheit sagen, denen es nur um sich selbst geht oder die ungeniert auf Kosten anderer leben; mit Leuten, die daran nichts ändern und sich von niemandem etwas sagen lassen wollen.

Warum bin ich mit denen ungern zusammen? Ich werde ungern belogen und betrogen. Ich möchte nicht schweigend tolerieren, dass andere belogen und betrogen werden. Und weil ich meine eigenen Schwächen kenne, möchte ich mich nicht in das korrumpierte Leben hineinziehen lassen, das für andere zur Normalität geworden ist.

Ich muss mir sicherlich sagen lassen, dass ich mich all dem mehr aussetzen und mich darum bemühen soll, solche Menschen mit Christus zu lieben. Aber unannehmbar wäre es für mich, wenn man mir die oben Genannten als Vorbild präsentierte. Doch genau das geschieht im Evangelium. Jesus erzählt die Geschichte eines untreuen Verwalters, der erst das ihm anvertraute Geld veruntreut und dann zwischen Entlarvung und Rausschmiss den Schuldnern seines Herrn die Schulden erlässt, um später bei ihnen unterzukommen. Schließlich heißt es, Jesus „lobte den ungerechten Verwalter, weil er klug gehandelt hatte.“ (Lk 16,8)

Worin besteht denn die beispielhafte Klugheit dieses Mannes?

Jesus lobt nicht die Egozentrik und die Untreue des Verwalters. Er lobt die Klugheit, mit der der Mann seine Lage erkennt, und die Findigkeit, mit der er seine Ziele erstrebt und erreicht. Der Mann erkennt, dass seine Tage gezählt sind. Er weiß um seine physischen und psychischen Grenzen. Ihm bleibt nur noch kurze Zeit, seine Angelegenheiten zu regeln. Er sorgt sich um das Leben nach seinem beruflichen Tod. Und er wird großzügig gegenüber denen, ohne die er in dieses neue Leben nicht kommen kann.

Darum geht’s bei diesem Gleichnis: Ob wir bereit sind, auch von Leuten zu lernen, die wir heimlich verachten.

Angenommen, ich würde mich mit der gleichen Hellsichtigkeit meinen Grenzen stellen, wie der untreue Verwalter aus dem Gleichnis. Angenommen, ich hätte seine Großzügigkeit gegenüber den Armen und Kranken, mit denen ich einmal bei Gott angekommen soll. Angenommen, ich würde mit der gleichen Kraft und Findigkeit in das Leben investieren, das der Tod uns nicht nehmen kann. – Es wäre besser um mich und meinen Weg mit Gott bestellt.

Lernt von den Schuften, auf die ihr herabschaut. Und da sage jemand, Gott habe keinen Humor.

Fra‘ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie