Engagiertes Vertrauen Lk 18,1-8

Ich gehe Leuten ungern auf die Nerven. Ich möchte nicht lästig sein. Und ich werde ungern unhöflich – oder für unhöflich gehalten. Aber es gibt Situationen, in denen solche Rücksichten nicht mehr möglich sind. Notlagen, in denen ein höheres Gut gefährdet ist. Anliegen, die wichtiger sind als die Schonung der Nerven dessen, der helfen kann oder zu helfen verpflichtet ist.

Im heutigen Gleichnis erzählt Jesus von einer Witwe, die jede falsche Rücksicht hat fahren lassen. Wir sollen uns eine mittellose Frau vorstellen, deren Leben bedroht ist, die Schutz und Auskommen verloren hat und deren einzige Chance das ihr zustehende und bislang verweigerte Recht auf Unterstützung ist.

Sie gerät an einen Richter, der ein gottloser Menschenverächter ist. Und dem macht sie mit ihrer durchgehaltenen Unnachgiebigkeit das Leben zur Hölle – so sehr, dass er gar einen tätlichen Angriff fürchtet.

Es ist, als ob diese Frau ihre ganze Lebenskraft in ihren Appell gelegt hätte, in ihr geduldiges Bestehen auf seine Hilfe und in das ganz unwahrscheinliche Vertrauen, dass selbst dieser Schuft ihr schließlich zu ihrem Recht verhelfen wird.

Wenn schon dieser Mann sich am Ende erweichen lässt, sagt Jesus, um wieviel mehr wird Gott den Menschen Recht verschaffen, die ihre Lebenskraft dahinein legen, in allem, was sie denken, sagen und tun, Gott zugewandt zu leben und auf ihn zu vertrauen.

In seinem Exerzitienbuch empfiehlt der heilige Ignatius von Loyola ein solches „engagiertes“ Vertrauen: „Vertraue so auf Gott“, schreibt der Gründer der Jesuiten, „als ob der Erfolg der Dinge ganz von dir, nicht von Gott abhinge; wende dennoch dabei alle Mühe so an, als ob du nichts, Gott allein alles tun werde.“

Ignatius hat sich nicht verschrieben. Unser Vertrauen soll nicht darauf gerichtet sein, dass wir selbst bewirken, worauf wir vertrauen. Wir sollen gerade nicht nur uns selbst vertrauen – so als wäre Gott nur eine Ermutigung dazu, dass wir uns selbst Gott sind.

Ignatius sagt, dass wir so auf Gott vertrauen sollen, als hinge alles von unserem Vertrauen ab. Wir sollen unsere ganze Kraft, Mühe und Geduld in unser Vertrauen legen, dass schließlich Gott bewirken wird, was nur er bewirken kann.

Unser Vertrauen soll nicht nur ein stilles, bangendes Abwarten sein. Sondern eine Haltung, in der wir mit aller Kraft und Geduld uns in allen Lebensvollzügen für Gott offenhalten, von dem alles kommt, was wir sind und haben.

Am Ende soll uns nicht die Frage sorgen, ob wir einen Gott finden, der uns zugewandt ist, und ob der wahr macht, was er uns versprochen hat.

Am Ende soll uns die Frage sorgen, ob Gott Menschen finden wird, die ihm zugewandt sind. „Wird der Menschensohn, wenn er kommt,
den Glauben auf der Erde finden?“, fragt Jesus. Wird er Menschen finden, die die Geduld nicht verloren und nicht aufgegeben haben, mit der heiligen Unverschämtheit jener Witwe zu beten, die selbst den bösen Richter zittern ließ?

Fra‘ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie