MIT (4. Advent) Jes 7,10-14

Es war das erste Kind seiner jungen Eltern. Eines seiner ersten Worte nach Mami und Papi war „mit“. Was immer die Mutter unternahm, das Kind sagte: „Mami, mit!“ Wenn die Mami nach nebenan ging, um etwas zu holen: „Mami mit!“ Wenn sie an die Tür ging: „Mami, mit!“ Wollte die Mutter aufs Klo gehen: „Mami, mit!“ Und so bei allem.

Einerseits ist das nachvollziehbar. Das Kind will bei der Mutter sein. Vielleicht sogar sehen, was die Mutter sieht, hören, was die Mutter hört, bald dann auch tun, was die Mutter tut. Auf der anderen Seite kann eine solche Anhänglichkeit problematisch und den Eltern manchmal lästig werden.

Lästig fällt einer dem anderen auch in der Lesung aus dem Propheten Jesaja (Jes 7, 10–14). Allerdings nicht ein Kind seinen Eltern. Hier ist es der Mensch, der Gott lästig fällt. Nicht etwa deshalb, weil der Mensch dauernd etwas von Gott will. Sondern weil er im Gegenteil nichts von ihm will. Gott kündigt durch den Propheten dem in politische und militärische Schwierigkeiten geratenen König Ahas an, er werde ihm eine Bitte erfüllen. Der aber will um nichts bitten – angeblich, um Gott nicht auf die Probe zu stellen (Dtn 6,16). Und so klagt Gott darüber, dass der König ihm lästig falle. Nicht der bittende Mensch ist Gott lästig; sondern der Mensch, der alles zu haben meint, der sich selbst genügt, dem nicht zu helfen ist – der ist Gott lästig.

Gott setzt sich über die Selbstgenügsamkeit des König Ahas hinweg. Er wird ihm von sich aus ein Zeichen senden und kündigt ihm die Geburt eines Kindes an. Die Exegeten streiten darüber, ob damit nur ein Nachkomme gemeint ist, der politisch glücklicher agiert als Ahas. Oder ob es sich schon hier um eine von Gott kommende Rettergestalt handelt. Das Evangelium sieht in der Geburt Jesu die Weissagung des Nachkommen aus dem Hause Davids erfüllt. Der Titel dieses kommenden Königs aus der Jesaja-Lesung wird auf Jesus übertragen: Er ist der Immanuel – der Gott mit uns, sagt der Engel im Traum zu Josef.

Da ist es wieder, das Wort mit, das unser kleiner Freund als erstes gelernt hat. Mit ist eine viel stärkere Präposition als z.B. zu oder bei. Das einer zu dem anderen kommt, bedeutet, dass er seine Nähe sucht. Das einer bei dem anderen ist, bedeutet, dass er in der Nähe bleibt. Wenn einer aber mitdem anderen ist, dann schließt das alle Lebensvollzüge mit ein. Dann sieht und erkennt er, denkt und urteilt er, spricht und handelt er mit dem anderen, und der andere nicht ohne ihn. Mit ist nicht nur eine Ortsbeschreibung, sondern eine Vollzugsbeschreibung. Es bedeutet Teilnahme und Teilgabe.

Gott kommt zu uns als ein Mensch, sagen die Christen an Weihnachten. Gott ist bei uns, glauben die Christen, weil er es versprochen hat. Aber was unser Leben verändert ist, dass Gott Immanuel ist, Gott mit uns ist, und wir mitGott sind.

Einander fallen wir lästig, wenn wir nicht merken, wann es Zeit ist, einander in Ruhe zu lassen. Gott sind wir lästig, wenn wir lieber vor ihm Ruhe als in ihm Ruhe haben wollen.

„Mami, mit!“ bittet das Kind.

„Jesus, mit!“ dürfen wir unaufhörlich beten – ohne ihm lästig zu fallen.

Fra’ Georg Lengerke