Unbegreiflich schön 1 Kor 2,1-5

Als ich mit dem Predigen anfing, hat mich die Frage nach der Wirkung mehr beschäftigt als heute. Nicht, dass mir die Wirkung heute egal wäre. Aber damals hat sie mich manchmal regelrecht umgetrieben. Das hatte zum Teil mit meinem Anfängersein zu tun – zum Teil mit meiner Eitelkeit.

Wenn jemand mir sagte: „Das war eine schöne Predigt“, habe ich mich gefreut. Später wurde ich dann etwas skeptisch. Und manchmal habe ich nachgefragt, was der Hörerin denn besonders gefallen habe. Oft hieß es dann in etwa: „Ach, so insgesamt… und wie Sie reden.“

Seitdem frage ich mich oft: War nur meine Predigt schön? Oder war (schlimmer noch) nur mein Predigen schön? – Oder wurde erkennbar, wie unbegreiflich schön der ist, von dem ich predige?

Paulus schreibt den Korinthern, er sei „nicht gekommen, um glänzende Reden oder gelehrte Weisheit vorzutragen“, sondern um „das Geheimnis Gottes zu verkünden“. Und das, so Paulus weiter, bedeute nicht „Überredung durch gewandte und kluge Worte“, sondern sei „mit dem Erweis von Geist und Kraft verbunden“.

Wer gerne mit Sprache umgeht, ist versucht „glänzende Reden und gelehrte Weisheit vorzutragen“. Ich weiß das. Und ich vermute, dass Paulus hier konkrete Leute vor Augen hat, die in Korinth gelehrt haben und deren rhetorisches und intellektuelles Brillieren er angreift, weil es letztlich nur von ihnen selbst handelte.

Paulus wendet sich nicht gegen Klugheit oder Weisheit oder eine schöne Sprache. Er will nur nicht, dass das Gefühl mehr Aufmerksamkeit bekommt als das Gefühlte, dass das Sagen schöner sein will als das Gesagte oder dass der Bericht sich wichtiger macht als das Berichtete.

Was aber ist das Gefühlte, das Gesagte, das Berichtete, wenn es um den Glauben geht? Es ist das Geheimnis Gottes. Sein Geist, seine Kraft und seine Weisheit. Sein Wort und sein Wirken.

Wir sollen nicht uns selbst verkündigen, nicht unsere eigene Gutheit oder unsere Taten, unsere Gefühle oder Ansichten, sondern ihn. Aber ihn sollen wir verkünden, als den, der sich in unserem Leben offenbart und in unser Leben hineingesprochen hat, der unser Leben verändert und geprägt hat.

Paulus kommt zu den Korinthern mit Furcht und Zittern. Nicht, weil er Angst vor seinen Zuhörern, vor der Predigt oder um deren Wirkung hatte, sondern weil die Erfahrung Gottes für ihn verstörend und überwältigend war. Und weil nun sein versehrtes Leben von diesem Gott erzählen soll.

Das Leben eines jeden Christen soll eine Predigt, ein Zeugnis für das unbegreifliche Geheimnis Gottes sein, das im Leben Jesu offenbar geworden und noch immer unter uns wirksam ist, sich uns offenbart und zu uns spricht.

Ich weiß, dass ich auch leben soll, was ich predige. Aber meine Predigt ist (wie die Predigt Jesu) meinem Leben immer voraus. So wie der Anspruch immer der Wirklichkeit voraus ist. Und das ist ganz in Ordnung so. Nur so kommt Bewegung in unser Leben und der Karren aus dem Dreck.

Auch mein versehrtes Leben und mein lückenhaftes Lieben läuft hinter dem Wort Gottes her – und soll jetzt schon eine Predigt und ein Zeugnis sein.

Und sollte mir mal wieder jemand sagen: „Die Predigt war schön“, dann hoffe ich, dass derjenige auch sagen kann: „Der, von dem Sie predigen, ist schön. – Unbegreiflich schön!“

Fra’ Georg Lengerke