Souveränität des Herzens Lk 2,41-51

Am Tag nach dem Herz Jesu Fest feiert die Kirche den Gedenktag des unbefleckten Herzens Mariens. Ihr Herz ist ein Herz nach dem Herzen Gottes. Die Tradition nennt es „immaculatus“ – „unbefleckt“.

Unbefleckt bedeutet nicht unversehrt. Wer alles tut, um sein Herz vor jeder Verletzung zu bewahren, wird es allen entziehen, weil von allen Verletzung droht. Wer aber sein Herz allen entzieht, der bleibt allein und dessen Herz verdorrt.

Unbefleckt bedeutet ungetrübt von allem, was Gottes Güte wiederspricht. Am Ende der Wiederauffindung Jesu im Tempel heißt es von Maria, sie „bewahrte all die Worte in ihrem Herzen.“

„All die Worte“ waren vor allem Fragen: „Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört?“ Herzensreinheit bedeutet nicht, keine Fragen mehr zu haben, sondern die Antworten unterscheiden zu können.

Maria bewahrt die offene Frage und die begonnene Antwort Jesu im Herzen. Das gehört zu unserem Lernweg der Verbundenheit mit dem Herzen Jesu dazu: dass wir die Antworten auf unsere Fragen unterscheiden und entscheiden, was wir in unserem Herzen bewahren und was nicht; was wir uns „zu Herzen nehmen“ und was nicht; welchen Stimmen und Bildern wir in unseren Herzen Macht geben und welchen nicht.

Wer hier nichts entscheiden mag, dessen Herz wird zu einer heruntergekommenen Behausung für alles und jeden. Ein Haus ohne Hüter, in dem er selbst irgendwann nur noch ein ungern gesehener Gast ist.

Es geht am heutigen Fest nicht um irgendeine fromme Grille. Es geht um die Wiedergewinnung der Souveränität über unsere Herzen. Und darum, dass wir Souveräne von Gottes Gnaden und nach Gottes Herzen werden.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

Zu Herzen genommen sein (Herz Jesu Fest)

Wir Malteser sagen mitunter, dass wir mit dem, was wir tun, die Liebe Gottes bezeugen. Einerseits stimmt das. Auch durch uns soll die Liebe Gottes erfahrbar und erkennbar werden. Aber es menschelt eben auch bei uns. Bis dahin, dass manchmal von der Liebe Gottes gar nichts mehr übrig bleibt – außer, dass sie unter uns leidet.

Der einzige Ort in der Welt, an dem wir 1:1 erkennen können, wie die Liebe Gottes ist, ist das Herz Jesu. Aber wie ist das Herz Jesu? Es ist offen. Es ist wund. Und es ist bergend.

„Das Herz des Erlösers steht offen für alle“, heißt es in der heutigen Messe. Das gilt zum einen von der leiblich mitteilbaren Liebe Gottes des Vaters, die dieses Herz uns schenkt und lehrt. Das gilt aber auch für die Erreichbarkeit, Zugänglichkeit und Nahbarkeit Gottes in der Gestalt dieses einen Menschen.

Diese Nahbarkeit ist es freilich auch, die das Herz Jesu verwundet. Das Herz Jesu ist wund durch das, was wir einander und damit immer auch ihm antun. Und gerade darin wird sein Herz unserem wunden, versehrten und sehnsüchtigen Herzen ähnlich.

Und schließlich ist das Herz Jesu bergend. Wenn mir jemand sagt, er habe mich ins Herz geschlossen, frage ich mich manchmal: Wie komme ich da nur je wieder raus?

Doch das Herz Gottes ist an allen Orten der Ort meiner Freiheit. In der Sorge seines verwundeten Herzens kann ich wohnen wie in einem Zelt. Sein Herzschlag sind die lautlosen Schritte seiner Engel, deren Flügel mich bergen auf dem Heimweg ins Leben.

Du nimmst mich
Dir zu Herzen,
damit ich
aus der Quelle Deines Lebens
lebe,
aus der Kraft Deiner Liebe
liebe,
und auf dem Heimweg
mein Herz
dem Deinen
immer ähnlicher wird.
Amen.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

Heidengeplapper Mt 6,7-15

Wenn wir beten, sagt Jesus, „sollt ihr nicht plappern wie die Heiden, die meinen, sie werden nur erhört, wenn sie viele Worte machen.“

Heidengeplapper ist,
– wenn einer Gott beschwören will, so wie ein Magier wortreich einen dienstbaren Geist,

– wenn einer nicht aufhört zu reden, weil er sich weder etwas sagen noch etwas fragen lassen will,

– wenn einer schön redet statt wahr und nicht merkt, dass sein Schönes nicht wahr und seine Wahrheit nicht schön ist,

– wenn einer Gott instruieren will, wie die Dame des Hauses eine Hausangestellte über die Arbeit des Tages.

Gott weiß, was wir brauchen, noch ehe wir ihn bitten. Aber der, der sich uns offenbart hat, würdigt uns, dass wir uns ihm offenbaren können.

Beten bedeutet nicht, Gott zu informieren. Es bedeutet, sich Gott zu eröffnen, und anzunehmen, dass er sich uns eröffnet hat.

Herr, lehre mich beten,
und schenke mir die Gnade und den Mut,
mich Dir zu offenbaren,
weil Du Dich mir geoffenbart hast,
mich Dir zu öffnen,
weil Du Dich mir geöffnet hast,
zu Dir zu kommen,
weil Du zu mir gekommen bist.
Amen
(Und ein Vater unser beten…)

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

Was dem Erbe weichen muss 2 Kön 2,1.4b.6-14

An Erbschaften sind schon ganze Familien zerbrochen. Entweder wegen echter oder vermeintlicher Ungerechtigkeit oder wegen eines nicht vollzogenen Abschieds. Ich meine nicht nur den Abschied der sogenannten „weichenden“ Erben vom gewichenen Erbe. Gemeint ist auch der Abschied von dem, was weichen muss, wenn das Ererbte fruchtbar sein soll.

Elischa nimmt nicht nur Abschied von seinem Lehrer, sondern auch von seinem eigenen Mantel.

Für Elischa ist es Zeit, von seinem Lehrer Elija Abschied zu nehmen. Zuvor bittet er den Meister, es mögen ihm „zwei Anteile seines Geistes zufallen“. Der Geist des Elija ist die in ihm wirkende göttliche Kraft und Erkenntnis. Über die Bedeutung der beiden Teile ist viel gerätselt worden. Sind sie das doppelte Erbteil des Erstgeborenen (Dtn 21,17)? Oder wird gesagt, dass Elischa doppelt so viele Wunder wie Elija wirken wird?

Elija gewährt ihm die Bitte unter der Bedingung, dass Elischa zusieht, wie Elija ihm genommen wird. Er muss sehenden Auges ernst machen mit der Wegnahme des Meisters zu Gott, um wirklich der Empfänger des erbetenen Geistes zu sein.

Hinzu kommt der Abschied von seinem eigenen Mantel. Der Mantel des Elija ist Zeichen seiner Vollmacht und Lebensform als Prophet. Die ist ganz von dem Auftrag geprägt, den er „sich angezogen“ hat. Aber das Leben des ganz von Gott in Anspruch Genommenen kann sich Elischa nur anziehen, wenn er zuvor seinen eigenen Mantel, das Leben im eigenen Namen und nach „seiner eigenen Façon“ endgültig ablegt und zurücklässt.

Wir werden Erben
nur in dem Maß,
in dem wir Abschied nehmen,
von dem, was weichen muss,
damit das Erbe Gottes
uns finden kann.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

Was ich büßen muss 1 Kön 21,17-29

Erst wollte ich mich vor dieser Lesung drücken. Mich widern der launische, weinerliche Ahas und seine garstige Frau an. Mich irritiert, dass er davon kommen, seine Kinder aber die Folgen seiner Ungerechtigkeit ausbaden sollen.

Während ich noch über eine ungelogene Ausrede nachdenke, merke ich, wie tief ich schon drin stecke. Was urteile ich über die Echtheit der Umkehr des Ahas, die Gott doch annimmt? Wenn es um meine Schuld geht, bin ich bei Gottes Vergebung nicht so zimperlich. Ich finde Gottes Erbarmen mit diesem Mann einfach unerträglich. So sieht’s aus.

Warum kommt nun aber das Unheil über die nächste Generation? Wir dürfen uns das, was die Heilige Schrift „Strafe“ nennt, nicht als willkürliche Sanktion vorstellen. Es ist zunächst einmal Konsequenz menschlichen Tuns und insofern selbst verhängt. Gott lässt diese Folge zu und verantwortet sie. Das ist das „strafende“ oder pädagogische Moment an ihr.

Wir alle stehen unter solchen Folgen. Entweder weil wir zu einer „Kollektivpersönlichkeit“ gehören, die als ganze von den Folgen der Taten einzelner betroffen ist. Ich z.B. büße täglich für die in der Kirche begangenen Sünden – besonders für die Verbrechen von Mitbrüdern. Obwohl ich sie nicht begangen habe. Das schmerzt, lässt mich umkehren und soll mich bessern.

Oder wir leiden an den Folgen der Schuld unserer Vorfahren, die unser Leben als Kinder und Enkel prägt. Auch dann noch, wenn sie sich bekehrt und um Vergebung gebeten haben.

Gott lässt sich als Mensch jede dieser Folgen antun. So werden sie erst „erträglich“ und wir dann von ihnen gelöst. Das ist gemeint, wenn wir beten:

„Du trägst hinweg
die Sünde der Welt.
Erbarme Dich unser!“

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie