Wenn Ihr ein Wort habt Apg 13,13-25

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Es wäre sehr viel stiller in der Kirche, würde in ihr die Bitte der Synagogenvorsteher in Pisidien erhört: „Wenn Ihr ein Wort des Zuspruchs für das Volk habt, so redet.“ – Wenn nicht, heißt das im Umkehrschluss, dann schweigt einfach.

Die Synagogenvorsteher bitten die Apostel um ein „logos paraklēseōs“, ein „Wort des Trostes“ oder „des Zuspruchs“. Habe ich so ein Wort? Das muss ich mich natürlich als erstes selbst fragen – als getaufter und gefirmter Christ. Und als Priester erst recht. Zuspruch oder Trost ist eben nicht Beruhigung oder Vertröstung. Und wie viele unserer Worte vermeiden nur Gottes Stille, sagen nichts oder käuen Allgemeinplätze wieder?

Paulus hat „ein Wort des Zuspruchs“ und erzählt die Geschichte der Treue Gottes mit seinem Volk. Von der Befreiung aus Ägypten, über den Weg durch die Wüste und die Landnahme bis hin zu Davids Geschlecht, aus dem „Jesus als Retter“ hervorgegangen ist.

Wir können mindestens drei Geschichten der Treue Gottes erzählen: Einmal wie Paulus die des Volkes Israel auf die Menschwerdung zu. Dann die Geschichte der Kirche mit Christus, die eben auch eine Heilsgeschichte ist, in der schon manche Krise zur Befreiung wurde. Und schließlich unsere je eigene Geschichte mit Gott und den Nächsten.

Die heutige Lesung endet mit einem Zitat Johannes‘ des Täufers: „Ich bin nicht der, für den ihr mich haltet, aber siehe nach mir kommt einer…“ Das wäre mal eine ehrliche Antwort im Gerede der Kirche: Wir sind nicht die, für die ihr uns haltet. Wir haben gerade kein Wort des Zuspruchs für Euch. Wir schweigen mit Euch – bis der kommt, der unser „Wort des Zuspruchs“ ist.

Fra‘ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

Bedingungen für Wachstum Apg 12,24-13,5

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Es klingt hierzulande ein wenig wie aus einer anderen Welt: „In jenen Tagen wuchs das Wort des Herrn und breitete sich aus.“ Dabei geschieht in anderen Teilen der Welt genau das. Die Bedingungen mögen dort anders sein. Aber einige Bedingungen sind ja auch von uns selbst gestellt, sind hinderlich und änderbar. Dazu gibt uns die heutige Lesung ein paar Hinweise im Kleinen.

Es gibt in Antiochia „Propheten und Lehrer“. Darunter sollten wir uns weder festgeschriebene Rollen noch Verkündigungsgiganten vorstellen. Sondern einfach sehr verschiedene Leute, die von Gott etwas erkennen, zu sagen haben und vermitteln können. Die gibt es. Auch unter uns.

Die sind aber nur wirksam unter Leuten, die die geistlichen Gaben anderer wertschätzen und sich etwas sagen lassen und sich dabei beschenkt und nicht minderwertig wissen.

In Antiochia hört die Gemeinde auf den Heiligen Geist. Wie genau der vernommen wird, bleibt offen. Aber ihn zu vernehmen gehört zu den wertzuschätzenden Gaben. Das funktioniert allerdings nur, wenn jeder(!) darauf verzichtet, ihn zur Stimme des jeweils eigenen Lagers zu erklären.

Die Gemeinde fastet und betet. Sie betet mit dem Leib. Sie nimmt sich zurück, um Gott Raum und Stimme zu geben. Sie glaubt, dass Gott vor allem auch in der Heiligen Liturgie spricht und wirkt und sich seine Leute formt.

Einige werden „ausgesondert“, mit dem Auftrag zu verkündigen, Gemeinden zu gründen und zu leiten. Aussonderung und Sendung ist nicht Diskriminierung der nicht Gesendeten, sondern Dienst am Wort Gottes und den Anderen, der alles kosten darf. Sie ist Antwort auf die Gabe Gottes und Mitwirkung aller mit dem Heiligen Geist.

Fra‘ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

Zum ersten Mal „Christen“ Apg 11,19-26

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„In Antiochia nannte man die Jünger zum ersten Mal Christen.“ (Apg 11,26) Was ein „Christ“ sei, darum wird seit 2000 Jahren gerungen. Zwei Denkanstöße aus dem Ringen des vergangenen Jahrhunderts sollen hier genügen.

Dem bekennenden Christen, der in einer erkennbaren Beziehung zu Jesus Christus lebt, wurde der „anonyme Christ“ zur Seite gestellt. Wo immer einer selbstvergessen liebt, liebt er mit Christus. Und ohne Gott kann keiner lieben. Allerdings macht solches Handeln die Liebe Gottes zwar erfahrbar aber noch nicht erkennbar.

Daher kann die Definition des Christen als ein Liebender nicht erschöpfend sein. Der christliche Glaube ist mehr als eine Moral. Den Christen kennzeichnet nicht seine eigene Gutheit, sondern sein Glaube an und sein Bekenntnis zu der Gutheit Gottes, die sich in Jesus Christus unübertroffen geoffenbart hat.

In Antiochien ist „christianos“ ein Synonym für „Jünger“. Einer also, der an Jesus glaubt, ihn kennt und liebt, ihm vertraut, mit ihm handelt und sich zu ihm bekennt.

Anverwandt sind den Jüngern alle, die wie Christus lieben und so die Liebe Gottes unerkannt verwirklichen. Und es kann sein, dass in der Gemeinde sich welche der Liebe Christi verweigern und außerhalb der Gemeinde sich welche ihr zur Verfügung stellen.

Anverwandt sind den Christen schließlich alle Menschen, weil sich Christus in seiner Menschwerdung mit allen Menschen verbunden hat. Es kann also sein, dass sich ein Mensch durch seine bösen Taten oder Worte von Christus trennt. Christus aber trennt sich nicht von ihm.

Uns aber, Gott,
lass in Wort und Tat
Deinem Sohn
immer ähnlicher werden,
nach dem wir
seit Antiochia
Christen heißen.
Amen.

Fra‘ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

Der Hingucker 1 Petr 2,20b–25

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Ein Hingucker ist etwas, was meine Blicke auf sich zieht und mich hingucken lässt. Mal zu meinem Nutzen und mal zu meinem Leidwesen.

Ein Hingucker kann aber auch jemand sein, der hinguckt. Sei es befugt und aus Sorge, sei es schamlos und aus Neugier.

Einer, der hinguckt, ist auf Griechisch ein „epi-skopos“. Daher kommt das deutsche Wort „Bischof“. Bisher hieß es in der heutigen Lesung, Jesus sei der „Hirte und Bischof“ unserer Seelen. Das war vielleicht missverständlich. In der Revision heißt es nun, er sei der „Hirte und Hüter“ unserer Seelen. Das ist er sicher auch. Aber „episkopos“ heißt nun wirklich nicht „Hüter“.

Wahrscheinlich sollten wir uns Jesus nicht zu sehr wie einen Bischof vorstellen. Stattdessen sollten wir uns einen Bischof mehr wie Jesus vorstellen, der der „episkopos unserer Seelen“ ist.

Solch ein „episkopos“ ist kein Hingucker, der den Blick und das Ansehen der Leute sucht. Sondern ein Hingucker, bei dem die Blicke derer bleiben, die nach dem Zeugnis der Apostel suchen.

Solch ein „episkopos“ ist kein Hingucker, den man für den Aufseher der Seinen hält. („Aufseher“ klingt im Deutschen einfach zu sehr nach „Lager“). Er darf auch kein Weggucker sein. Sondern ein Hinseher und ein Nachseher (und Nachgeher) für die, deren Seelen seiner Sorge anvertraut sind.

Bewahre mich, Herr,
vor den Hinguckern,
die meinen Blick fangen
und mich sehen machen wollen,
was nicht wahr ist
oder mich nichts angeht.

Herr, schenke uns Hingucker,
die nach denen sehen
(und denen nachsehen),
die ihnen anvertraut wurden,
und deren Blick
dem Deinen gleicht.

Du schaust mich an
und ich schaue Dich an.
Du bist der Hirt
und der Hingucker
meiner Seele.
Amen.
Fra‘ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

Bruder Jakob, steh auf! Apg 9,31-42

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Auf einer Reise des hl. Petrus zu neugegründeten Gemeinden geschehen Zeichen und Wunder. In Lydda wird ein Mann gesund; in Joppe wird eine Jüngerin von den Toten auferweckt, der Petrus zuruft: „Tabita, steh auf!“

Solche wunderbaren Erfahrungen der frühen Kirche bedeuten nicht, sie sei bis heute nur da echt und auf dem richtigen Weg, wo alle Kranken gesund und die Toten wieder lebendig werden – gerade letztere würden sich vermutlich auch schön bedanken.

Vielmehr wird uns gesagt, dass in der Kirche der Apostel der auferstandene Christus gegenwärtig ist, der uns schon hier Leben schenkt, das der Tod nicht töten kann. Wo die Herrschaft des Todes in der Todesangst der Menschen so derartig mächtig ist wie heute, tut dieses Zeugnis besonders not.

In der Nacht auf Mittwoch ist der Großmeister des Malteserordens, Fra‘ Giacomo della Torre, gestorben. Seine unverstellte, geradezu kindliche Liebe zu Gott und den Menschen, besonders zu den Armen und Kranken, hat viele Menschen sehr berührt.

Mittwoch früh habe ich über die Auferweckung der Tabita nachgedacht: „Tabita, steh auf!“ Und dann mir fiel das französische Kinderlied vom „Frère Jacques“ ein. „Fra‘ Giacomo“ heißt ja auf Deutsch „Bruder Jakob“, wie jener Mönch, der eingeschlafen ist und nun aufgeweckt wird, um die Morgenglocke zu läuten. Der Ruf des Auferstandenen an den „entschlafenen“ Fra‘ Giacomo mag ähnlich klingen: „Schläfst Du noch? Läute die Glocken“ – damit wir Schläfrigen in die Liebe Gottes gerufen werden.

Auf manchen Bildern des Großmeisters hat seine Güte etwas Verschmitztes. Ein Kinderlied als Ruf des Auferstandenen. Das wird ihm gefallen.

Fra‘ Georg Lengerke

Die Texte vom heutigen Wochentag

Schott Tagesliturgie