Streit um elementare Peanuts Apg 25,13-21

Die Anklage gegen Paulus beim römischen Statthalter ist für diesen enttäuschend: Die Streitfragen um „einen gewissen Jesus […], der gestorben ist, von dem Paulus aber behauptet, er lebe“, interessieren ihn nicht.

Für einen römischen Staatsbeamten ist das in Ordnung. Problematisch wird es, wenn Christen Grundfragen des Glaubens für Nebensächlichkeiten halten, andere  Fragen aber für überlebensrelevant. Das sind für die einen Fragen der Sexualmoral für andere sind es die Zulassungsbedingungen zur Ordination, für die einen der gesellschaftliche Einfluss der Kirche, für andere das wirtschaftliche Wachstum der kirchlichen Werke.

„Wollen sie sagen“, wird man in solchen Momenten von notorischen Bewahrern oder Erneuerern oft gefragt, „dass diese ‚anderen Fragen‘ nicht wichtig seien?“ Nein, das will ich nicht sagen.

Ich will sagen, dass die Existenzfrage der Kirche die ist: Wer und wie ist Gott in Christus für uns und wer und wie sind wir mit Christus für Gott? Das scheint mir auch die existentielle (und oft unbeantwortete) Frage der Menschen an die Kirche zu sein.

Mit Menschen, mit denen ich mir einig bin, wer Christus für uns ist, und mit denen zusammen ich zu ihm beten kann, kann ich glaubwürdig, versöhnlich und gelassen streiten und ertragen, dass wir selbst in wichtigen Fragen unterschiedlicher Meinung sind.

Wenn jedoch die Streitfragen um „einen gewissen Jesus […], der gestorben ist, von dem Paulus aber behauptet, er lebe“ uns Christen genauso wenig interessieren wie den Statthalter Festus, dann müssen wir uns auch nicht wundern, wenn die Leute uns Christen auch nur noch wegen unserer Skandale interessant finden.
Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

Wegen Hoffnung vor Gericht Apg 22,30; 23,6-11

Hoffnung ist in Deutschland nicht strafbar. Wegen der jedoch ist Paulus angeklagt: „Wegen der Hoffnung und wegen der Auferstehung der Toten stehe ich vor Gericht.“ In Auseinandersetzungen um Glaubensinhalte hatte sich der römische Staat zunächst für unzuständig erklärt. Später jedoch wird ihn die Hoffnung der Christen „brennend“ interessieren: Von welchen Voraussetzungen, auf welchem Fundament und auf welches Ziel hin lebt der Mensch?

Paulus weiß, dass wie er auch ein Teil seiner Ankläger die Auferstehung der Toten erhofft. Es ist gut, nach denen zu suchen, die eine ähnliche Hoffnung haben wie wir. Mit ihnen kann es eine gemeinsame Perspektive geben. Und mitunter läuft im Streit um die Hoffnung die tiefere Bruchlinie gar nicht zwischen Klägern und Angeklagten, sondern mitten durch die Kläger hindurch.

Tiefer wird der „christliche Dissens“ bei der Frage, worauf wir unsere Hoffnung setzen und worauf nicht. Christen setzen ihre Hoffnung nicht auf menschliches Können, dem gegebenenfalls die göttliche Gnade nachhilft. Sie hoffen andersherum auf die Gnade Gottes, mit der der Mensch zusammenwirken darf.

Die christliche Hoffnung wartet auch nicht auf ein ausstehendes glückliches Schicksal. Sie gilt dem, was schon angefangen hat. Sie hofft auf den Auferstandenen, auf sein angebrochenes Reich und die begonnene Erlösung der Welt.

Bis heute schließlich werden Christen angeklagt, dass sie ihre Hoffnung nicht auf den römischen „göttlichen Kaiser“, den „von der Vorsehung gesandten Führer“ oder den allzuständigen Staat setzen, sondern auf die Macht jener Liebe, die im Sterben die Herrschaft des Todes bricht.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

Gebunden durch den Geist Apg 20,17-27

Worum bittet Ihr, wenn Ihr um den Heiligen Geist bittet? Um Erkenntnis? Und wollt Ihr wirklich das ganze Ausmaß von Leid und Verwirrung in und um Euch sehen? Um Rat? Und seid Ihr wirklich bereit, zu gehen, wohin Euch die Macht Gottes führt? Um Fürsprache? Oder besteht Ihr nicht eigentlich darauf, für Euch selbst zu sprechen? 

Kann es sein, dass die meisten von uns weniger um den Heiligen Geist, als um seine Früchte beten: um „Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte und Treue“ (Gal 5,22)? Und beten wir nicht darum, dass auch die Welt um uns herum so sei? Nun ist sie aber nicht so. Stattdessen ist sie (zumindest auch) geprägt von Hass, Traurigkeit, Krieg, Ungeduld, Garstigkeit, Geiz und Launenhaftigkeit. Und das zeigt sich besonders dort, wo die Liebe Gottes in die Welt kommt und auf die Welt trifft. 

Beim Abschied von den Ältesten von Ephesus spricht Paulus sehr nüchtern vom Heiligen Geist. Paulus wird vom Geist nicht in Freude und Trost geführt, sondern er zieht, „gebunden durch den Geist, nach Jerusalem“. Und was ihm der Geist auf dem Weg immer wieder sagt, ist, „dass Fesseln und Drangsale auf [ihn] warten“. 

Paulus wird vom Heiligen Geist auf einen Weg des Leidens geführt. „Ich will“, sagt Paulus, „mit keinem Wort mein Leben wichtig nehmen.“ Denn Leben oder Gesundheit sind nicht ihr eigener Zweck. Zweck und Ziel sind der Auftrag Jesu, „das Evangelium von der Gnade Gottes zu bezeugen.“ 

Wo diese neue Ordnung hergestellt ist, wo jemand – empfänglich für das Wirken des Hl. Geistes – den Zweck seines Lebens erkennt und erfüllt, dort werden – auch im Leiden – die Früchte des Geistes überreich sein. 

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

Schlechter Rat ist teurer Apg 1,12–14

Mit dem Corona-Virus kam die Stunde der Besserwisser. Je komplizierter Sachverhalte werden, umso inflationärer wird schlechter und umso teurer wird guter Rat. Die Empfänglichkeit für schlechten Rat wächst mit dem Leiden an der Ratlosigkeit.

Ich leide lieber an Ratlosigkeit, als dass ich schlechten Rat annehme. Denn am Ende kommt schlechter Rat teurer. Einen guten Rat für Krisenzeiten gibt uns heute die Apostelgeschichte. Nach der Himmelfahrt Jesu gehen die Jünger wieder nach Jerusalem, kehren in das Obergemach zurück, „blieben dort ständig“ und „verharrten einmütig im Gebet“.

„Bleibt“, „seid einmütig“ und „betet“ – das war für uns in der „Kommende junger Malteser“ in München seit dem 16. März ein guter Rat. Die Tatsache, dass wir unter dem Dach zwei benachbarte Wohnungen mit einer Kapelle bewohnen, hatte uns schon zu Beginn an das „Obergemach“ erinnert. Während des Lockdowns haben wir zu fünft täglich morgens und abends gebetet und die Hl. Messe gefeiert. An letzterer haben wir nach Möglichkeit anderen durch das „Fenster“ einer Liveübertragung Anteil gegeben.

In diesen Wochen treiben mich drei Fragen um:

Haben wir erstens genügend dafür geworben und darum gerungen, dass wir miteinander beten dürfen?

Wurden zweitens die staatlich erlaubten Möglichkeiten gemeinsamen Betens eigentlich ausgeschöpft oder waren wir „staatlicher als der Staat“?

Und schließlich vor allem drittens: Wollen wir Christen das eigentlich: „einmütig betend“ zusammenbleiben?

Die Kirche im Anfang wollte das. Aber nicht genötigt durch eine Ausgangssperre. Sondern in Erwartung der verheißenen Kraft Gottes für die Sendung in die Welt.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

Nachhilfe bei Eheleuten Apg 18,23-28

Es gibt Menschen, die kennen sich in einer bestimmten Materie aus, die aber nur wenig Folgen für ihr Leben hat. Von Apollos heißt es heute, er sei redebegabt und kenne die Schrift, er wisse, wie Christsein („der Weg des Herrn“) geht und wer Jesus ist und dass er davon feurig reden könne. So weit so gut.

„Doch er kannte nur die Taufe des Johannes“, erzählt Lukas. Er weiß, dass es Umkehr braucht, um den Weg Jesu zu gehen. Er weiß, was er tun muss. Aber er weiß offenbar noch nicht, was Jesus an ihm in der Taufe tut und was es heißt, durch die Taufe in die erkennbare Liebe Jesu zu allen Menschen hineingenommen zu werden.

Apollos braucht Nachhilfe. Und die bekommt er von einem Ehepaar, Priszilla und Aquila, die schon länger Freunde und Mitarbeiter des Paulus sind. Von einer Familie des Apollos hören wir nichts. Die Beschreibung seines Wirkens klingt eher, als wäre er wie Paulus ganz verfügbar für die Verkündigung des Evangeliums und den Gemeindeaufbau unterwegs gewesen.

Die Nachhilfe bei Priszilla und Aquila erinnert mich an das wechselseitige Zeugnis, dass Verheiratete und zölibatär Lebende in der Kirche einander geben sollen.

In der Ehe werden Mann und Frau zum Sakrament der Liebe Gottes füreinander und miteinander für die Menschen um sie herum. In der Ehelosigkeit „um des Himmelreiches Willen“ werden manche in einer Weise von Gott in Anspruch genommen, dass sie sich unter den Menschen mit ihnen zum Himmel ausstrecken.

Die Eheleute bezeugen den Ehelosen die Liebe des Himmels zur Erde, damit auch die Ehelosen mit dem Himmel die Erde lieben. Die Ehelosen bezeugen den Eheleuten die Liebe der Erde zum Himmel, damit die Eheleute mit der Erde den Himmel lieben.
Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie