Was dem Erbe weichen muss 2 Kön 2,1.4b.6-14

An Erbschaften sind schon ganze Familien zerbrochen. Entweder wegen echter oder vermeintlicher Ungerechtigkeit oder wegen eines nicht vollzogenen Abschieds. Ich meine nicht nur den Abschied der sogenannten „weichenden“ Erben vom gewichenen Erbe. Gemeint ist auch der Abschied von dem, was weichen muss, wenn das Ererbte fruchtbar sein soll.

Elischa nimmt nicht nur Abschied von seinem Lehrer, sondern auch von seinem eigenen Mantel.

Für Elischa ist es Zeit, von seinem Lehrer Elija Abschied zu nehmen. Zuvor bittet er den Meister, es mögen ihm „zwei Anteile seines Geistes zufallen“. Der Geist des Elija ist die in ihm wirkende göttliche Kraft und Erkenntnis. Über die Bedeutung der beiden Teile ist viel gerätselt worden. Sind sie das doppelte Erbteil des Erstgeborenen (Dtn 21,17)? Oder wird gesagt, dass Elischa doppelt so viele Wunder wie Elija wirken wird?

Elija gewährt ihm die Bitte unter der Bedingung, dass Elischa zusieht, wie Elija ihm genommen wird. Er muss sehenden Auges ernst machen mit der Wegnahme des Meisters zu Gott, um wirklich der Empfänger des erbetenen Geistes zu sein.

Hinzu kommt der Abschied von seinem eigenen Mantel. Der Mantel des Elija ist Zeichen seiner Vollmacht und Lebensform als Prophet. Die ist ganz von dem Auftrag geprägt, den er „sich angezogen“ hat. Aber das Leben des ganz von Gott in Anspruch Genommenen kann sich Elischa nur anziehen, wenn er zuvor seinen eigenen Mantel, das Leben im eigenen Namen und nach „seiner eigenen Façon“ endgültig ablegt und zurücklässt.

Wir werden Erben
nur in dem Maß,
in dem wir Abschied nehmen,
von dem, was weichen muss,
damit das Erbe Gottes
uns finden kann.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie