26.08.2020
Am 3. September 2020 feiert der Malteserorden den 500sten Todestag seines Gründers, des seligen Gerhard. Aus diesem Anlass wird es hier eine neunteilige Reihe über die Seligpreisungen geben.
Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich (Mt 5,3).
Manche Armut ist Not, Elend und Entbehrung. Manche Armut ist Wahl, Verzicht und Freiheit für größeren Reichtum. Existentiell arm ist der Mensch, wo er erkennt, dass er sich letztlich durch das, was er hat oder vermag, nicht reicher machen kann. Im Griechischen steht da: „Selig, die Armen im Geiste“ (to pneumati). Gemeint ist nicht der geistig beschränkte Mensch, sondern der Mensch im Licht des Heiligen Geistes, so wie er „vor Gott“ ist.
Immer wenn ich zum Beispiel in Exerzitien für 8 Tage meine Nächsten, meinen Computer, mein Telefon, meine Bücher, meine Korrespondenz und sonstiges Tun zurücklasse, werde ich daran erinnert, was „Armut vor Gott“ meint. Was von dem, was mich in den Augen der Menschen reich macht, hat vor Gott Bestand? Und ich werde erinnert, dass Gott es ist, der mich bleibend reich macht. Wer seine Armut vor Gott erkennt und annimmt, der kann auch leichter seinen Reichtum von Gott annehmen und sich daran freuen.
Arm vor Gott ist nicht, wer über seinen Reichtum hinaus auch noch auf Gott vertraut; sondern wer vor allem Haben sein Leben von Gott empfängt und auf Gott setzt.
Arm vor Gott ist, wer das, was er hat, für andere hat; wer von Gott und den Menschen unverdient beschenkbar bleibt; wer alles verdankt, was er hat, und es lassen kann, wenn es darauf ankommt. Spätestens, wenn es ans Sterben geht – aber schon hier und jetzt dazu bereit, wenn ein Schritt um der Liebe Willen etwas mehr oder alles kosten darf.
Daran erkennt man die Bürger des Himmels, der mit der Menschwerdung Gottes unter uns angebrochen ist.
Lass uns die Armut vor Dir
suchen und lieben,
damit wir für unsere Brüder und Schwestern
haben, was wir haben,
damit wir empfänglich sind für das,
was Du uns mit ihnen schenken willst
und uns schon hier an jenem Reichtum freuen,
den nur Du uns geben kannst.
Amen.
Fra‘ Georg Lengerke