Selig5: Beim armen Herzen Mt 5,7

Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden. (Mt 5,7).

In der Kirche wird das Gebot Jesu an uns oftmals zur Forderung an die Anderen: „Seid barmherzig.“ (Lk 6,36) Manchmal, damit die Anderen sich ändern, so dass ich bleiben kann, wie ich bin; häufig aber auch als Ausdruck der schmerzlichen Erfahrung, kein Erbarmen gefunden zu haben.

Die Antwort der Seligpreisungen lautet: Erbarmen findet, wer barmherzig ist. Barmherzigkeit ist nicht die freundliche Alternative zu einer unfreundlichen Gerechtigkeit. Opfer haben selten Interesse an Barmherzigkeit gegenüber den Tätern.

Barmherzigkeit und Gerechtigkeit gewährleisten einander. Ohne Barmherzigkeit wird die Gerechtigkeit zur Grausamkeit und ohne Gerechtigkeit ist die Barmherzigkeit die „Mutter der Auflösung“, sagt Thomas von Aquin.

Barmherzig ist, wer beim armen Herzen ist. Sei es verletzt oder schuldig geworden.

Barmherzigkeit hat ein Herz für die Opfer um der Heilung Willen und ein Herz für die Täter um der Umkehr Willen. Sie nennt das Böse nicht gut, sondern hält es aus. Im Konflikt zwischen Anspruch und Wirklichkeit presst sie weder die ungerechte Wirklichkeit in den Anspruch der Gerechtigkeit, noch löst sie den Anspruch der Gerechtigkeit in der Wirklichkeit auf.

Ein hartes Herz kann nicht barmherzig sein, weil es sich von nichts bewegen lässt. Ein weiches Herz kann nicht barmherzig sein, weil es sich von allem bewegen lässt. Die Barmherzigkeit braucht ein festes, entschiedenes und mutiges Herz, das weiß, was es soll und will.

Bilde unser Herz
nach Deinem Herzen
und schenke uns ein Herz
für die Armen.
Lehre uns,
die Barmherzigkeit zu üben
und zuzulassen
nach der unser erschöpftes, wundes Herz
sich sehnt.
Amen.

Fra‘ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie