Haben, als hätten wir nicht 1 Kor 7,29-31

Der Rat des Paulus an die Korinther irritiert: „Wer eine Frau hat, soll sich in Zukunft so verhalten, als habe er keine“ (1 Kor 7,29). Klingt wie die Filmszenen, in den Männer heimlich ihren Ehering vom Finger ziehen, wenn sie einer attraktiven Frau begegnen.

Aber es geht hier nicht darum, die Ehe nicht ernst zu nehmen. Paulus steht unter dem Eindruck des Anbruchs einer neuen Zeit. Gott der Sohn hat sich den Menschen als Mensch geoffenbart. Er hat nach seinem Tod und seiner Auferstehung seine Gegenwart in der Kraft des Heiligen Geistes versprochen, um die Seinen zu sammeln und zu senden und die Welt zu Gott dem Vater nachhause zu bringen.

Diese neue Zeit hat für Paulus etwas Drängendes. Das Ankommen bei Gott steht jeweils kurz bevor. Für den Einzelnen und für die Welt. Bis heute. Alles muss auf den Prüfstand, damals wie heute: unsere Beziehungen und Empfindungen, die Dinge, die uns oder denen wir zur Verfügung stehen. Alles muss sich vor der Frage bewähren, ob es dem Weg mit Gott und zu Gott dient oder nicht. Denn „die Gestalt dieser Welt vergeht“.

Daran erinnern uns Männer und Frauen, die auf Ehe und Familie, auf irdische Güter und eine bürgerlich-sichere Existenz verzichtet haben; Ehepartner, die einander ganz angenommen und ganz freigegeben haben, um nicht nur beieinander, sondern miteinander bei Gott anzukommen; reiche und großzügige Menschen, die haben, als hätten sie nicht, und denen man mit ihrem Vermögen nicht zugleich ihr Leben nehmen kann.

Wir verachten die Welt nicht, sondern im Gegenteil; die die Welt kommt in Ordnung, wenn wir ernst damit machen, dass sie uns nicht gehört. Wir sind mit der Welt im Aufbruch zu Gott. Und, so sagt Hans Urs von Balthasar,  „uns ist die Zeit nur auf jederzeit mögliche Kündigung geliehen.“

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie