Wofür man uns nicht halten soll (Geburt Johannes‘ des Täufers) Apg 13,16.22–26

Jede „Liebe auf den zweiten Blick“ beginnt mit einer Enttäuschung: „Ich bin nicht der, für den ihr mich haltet“ (Apg 13,25), sagt Johannes der Täufer als erstes. „Ich bin nicht der Messias.“ (Joh 1,20)

Eine Verwechslung mit dem Retter der Welt kann verschiedene Gründe haben. Entweder täuscht der Schein des Verwechselten. Oder es täuschen die Erwartungen oder Projektionen des Verwechselnden.

Christus und die Christen werden dort verwechselt, wo es nur noch um das soziale Tun der Christen geht. Wo es keinen Unterschied zwischen unserer und der Hilfe Gottes gibt, da haben wir uns mit Gott verwechselbar gemacht. Johannes betont den Unterschied zwischen ihm und dem, dem er die Sandalen nicht aufmachen darf. Wir reichen nicht an ihn heran. Aber er reicht an uns heran – bis an unsere Sandalen.

Gott und die Kirche werden auch dort verwechselt, wo wir uns die Kirche als ideale Gemeinschaft vorstellen. Entweder als gestrige Konserve mit blinden Flecken oder als idealer Traum auf Kosten der Wirklichkeit.

Aber wer die neue ideale Kirche will, gegen die keiner was haben kann, der muss die alte reale Kirche zerstören. Und mit ihr alles, was in ihr groß und heilig ist. Doch die ideale Kirche gibt es nicht. Am Ende wird alles zerstört sein.

Johannes ist ein „Vorläufer“. Auch die Kirche ist „vorläufig“. Sie ist „pro-visorisch“. Nicht „von minderer Qualität“, sondern „voraus-schauend“ auf die Wirklichkeit, die von Gott kommt.

Der Vorläufer geht in die Wüste „bis zu dem Tag, an dem er seinen Auftrag für Israel erhielt“ (Lk 1,80). In der Wüste kommt die Wahrheit zum Vorschein, wer und was wir sind.

Es ist Zeit, mutig und vorläufig in die Wüste zu gehen, die vor uns liegt,
damit wir nicht für etwas gehalten werden,
was wir nicht sind,
sondern die werden,
für die Gott uns hält.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie