Eifersucht kann sehr leidvoll sein. Eifersucht ist Beziehungsneid. Entweder kommt sie aus der Angst, die Zuneigung eines Menschen zu verlieren, oder aus dem Schmerz, dass die Zuneigung einem anderen mehr gilt als mir. Eifersucht macht Menschen misstrauisch und lässt sie schlecht von sich und anderen denken.
Viele Paare und Freundschaften haben mit der Eifersucht zu kämpfen. Bewährte Mittel dagegen sind nach meiner Erfahrung Dankbarkeit, die Einübung von Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit durch gute Kommunikation und schließlich eine gemeinsame Ausrichtung auf ein Drittes – auf Menschen (Kinder, Gäste, Freunde, eine Gemeinschaft), auf ein gemeinsames Werk, auf Gott.
In der Bibel werden viele Eifersuchtsgeschichten erzählt: Kain und Abel, Esau und Jakob, Joseph und seine Brüder, Saul und David, Maria und Marta, die Spannung zwischen den Aposteln und in der neutestamentlichen Gemeinde. In der christlichen Spiritualität wird die Eifersucht zusammen mit dem Neid unter die Laster und die Todsünden gezählt.
Mir ist das sehr plausibel. Denn gerade der Neid und die Eifersucht sehen und suchen das Leben vergeblich immer in dem, was ich nicht habe und nicht bin, und sehen es schwinden mit dem, was sich mir entzieht. Und wer das Leben dauernd schwinden sieht, der lebt schon im Schatten des Todes.
Entsprechend verwerflich ist es, jemanden absichtlich eifersüchtig zu machen. Ich erinnere mich an Kinder- und Jugendfreundschaften, in denen das zum Repertoire der Beziehungskämpfe gehörte: dass einer dem anderen den Entzug oder die Neuausrichtung der eigenen Zuneigung vorspielte. Sei es, um bei ihm eine Äußerung der Wertschätzung zu provozieren oder um ihm weh zu tun. Der damalige Kinderschmerz ist mir noch immer präsent.
Umso erstaunlicher, dass es in der Bibel auch Stellen gibt, an denen eine bestimmte Eifersucht als zwar schmerzliche, aber positive Liebeskraft verstanden wird. Eifersucht ist hier das schmerzliche Vermissen einer Beziehung, die möglich und heilsam wäre.
Das Buch Deuteronomium z.B. beschreibt die eifersüchtige Liebe Gottes, der um sein Volk kämpft und nicht duldet, dass es sich an Mächte bindet, die es für Götter hält, obwohl sie es nicht sind, und so in sein Verderben rennt.
Dann wird die Eifersucht der Völker beschrieben, die Israel, das Volk Gottes, umgeben. Sie sehen, wie dieses Volk nach den Geboten Gottes lebt und in der Beziehung zu ihm gedeiht, und staunen über diese „große Nation“ und „ein weises und gebildetes Volk.“ (Dtn 4,6).
Nach dem Tod und der Auferstehung Jesu und der Bildung der ersten Christengemeinden kehrt sich die Eifersuchtsgeschichte für den hl. Paulus um: Er schreibt über seine jüdischen Schwestern und Brüder, er hoffe, „die Angehörigen meines Volkes eifersüchtig zu machen und wenigstens einige von ihnen zu retten“ (Röm 11,14).
Nicht mehr die Heidenvölker sind eifersüchtig auf das Volk Gottes. Sondern dieses Volk, in dem Gott Mensch wurde und zu dem Jesus gesandt war, soll eifersüchtig werden auf die Heiden, die an Jesus glauben, in ihm die Gegenwart des Gottes Abrahams, Isaaks und Jakobs erkennen, und in Gemeinschaft mit ihm erfahren, wie Gott sie aus der Sklaverei von Schuld und Tod erlöst und herausführt…
Heute frage ich mich, wo ich Gemeinschaften von Christen so erlebt habe, dass ich schmerzlich vermisst habe, zu ihnen zu gehören und Anteil an ihrer Beziehung zu Gott zu haben. Und wo erleben Menschen die Kirche heute so, dass sie ahnen, dass ihnen ohne Gott etwas fehlt, und in einer Weise, in der sie den Wunsch verspüren, mit anderen so an Gott zu glauben und mit ihm zu leben, wie die Christen es tun?
Und ich höre die Anfrage an meine Gemeinschaft – an die Malteser im Großen und der Hausgemeinschaft in München im Kleinen: Leben wir in einer ehrlichen und befreienden, stärkenden und zukunftsfähigen Beziehung mit Gott, die Menschen schmerzlich vermissen, bei uns finden und dann zu ihrer eigenen machen können?
Fra‘ Georg Lengerke