Mit dem Papst springen

04.05.2025    Johannes 21,1-19

Mit dem Papst springen

Codex Egberti, Wundersamer Fischzug der Jünger und Offenbarung Christi am See Genezareth (10. Jahrhundert)

Am Mittwoch beginnt in Rom das Konklave, in dem die Kardinäle den neuen Nachfolger des hl. Petrus wählen. Wenn ich heute das Evangelium der Begegnung des hl. Petrus mit dem Auferstandenen lese, muss ich an die Wähler, die Wahl und an den dann Gewählten denken.

Die meisten der Kardinäle werden froh sein, wenn sie wieder zuhause sind und ihr gewohntes Leben wieder aufnehmen können. So wie Petrus und die anderen Apostel nach der Auferstehung Jesu ihr altes Leben wieder aufnehmen wollen, um zu tun, was sie gut können: fischen.

Doch daraus wird nichts. Sie fangen nichts. Am Ufer steht ein Fremder. Auf sein Wort ist das Netz voll. Petrus braucht den Hinweis des Johannes, um zu erkennen: „Es ist der Herr!“

Was mag in den folgenden Sekunden in Petrus vorgegangen sein? Er wird sich erinnert haben: Irgendwo hier hatte Jesus ihn am Anfang schon einmal die Netze auswerfen lassen. Die Netze waren voll und Petrus folgte ihm (Lk 5). Irgendwo hier war er auf dem Wasser Jesus entgegengegangen, hatte den Mut verloren und war gesunken (Mt 14,30). Irgendwo hier hatte er Jesus versprochen, für ihn zu sterben, und war daran gescheitert. Und sicher brannte ihm noch der letzte Blick Jesu im Herzen, mit dem dieser ihn ansah, nachdem Petrus geschworen hatte, ihn nicht zu kennen (Lk 22,61).

Jetzt noch einmal neu mit ihm beginnen. Jetzt nichts mehr besser wissen. Jetzt mein ganzes gebrochenes Leben geben, ohne mir was vorzumachen… Und Petrus springt.

Wie mag es dem zum Nachfolger Petri Gewählten gehen, wenn er seinen Namen und die Frage hört, ob er die Wahl annimmt?

Ich habe über diese Verse des Johannesevangeliums meine erste Predigt als Diakon gehalten. Seitdem glaube ich, dass dieser Sprung der Akt des Glaubens schlechthin ist. Glauben heißt springen. Dem Anderen glauben, dass dort der göttliche Freund wartet. Ohne sicher sein zu können, dass er es ist. Ohne mich länger vorbereiten zu können. Ohne zu wissen, was mich am anderen Ufer erwartet.

Glauben heißt nicht, im sicheren Boot den Herrn am jenseitigen Ufer zu betrachten. Glauben heißt, mich ihm Tag für Tag entgegenzuwerfen in die Wasser des Lebens. Die sind gefährlich und wunderbar. Es gibt keine Garantie für Schmerzfreiheit oder Gesundheit oder fürs Überleben. Aber dort drüben wartet der Herr, um mit uns das neue Leben zu leben. Petrus muss springen, um wirklich Petrus zu sein. Und sein Nachfolger muss springen, um sein Nachfolger zu sein. Und er mag uns daran erinnern, mit ihm zu springen,

um zu werden, wer wir für Gott sind.

Fra‘ Georg Lengerke

BetDenkzettel 
Georg Lengerke

Der BetDenkZettel ist eine Reihe kurzer Bet- und Denkimpluse zu einem Wort aus den Schriftlesungen der Liturgie von Fra Georg Lengerke.

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