11.05.2025 Johannes 10,27-30
Habemus fiduciam - Die Loggia des Petersdoms am Nachmittag des 8. Mai 2025
Schon während des Konklaves habe ich mich darüber gefreut, dass dieser folgende Sonntag der „Sonntag des Guten Hirten“ ist. Das erinnert uns daran, dass es bei der Wahl und im Dienst des Nachfolgers Petri vor allem darum geht, dass Gott uns einander anvertraut hat. Das eindrücklichste Bild dafür ist im Altertum das des Hirten, der die Seinen kennt und den die Seinen kennen, dem sie vertrauen und dem sie anvertraut sind.
Das dafür notwendige Vertrauen hat gelitten. Schon immer. Aber zu unserer Zeit vielleicht auf besondere Weise. In der Kirche, in der Politik und im Leben der Einzelnen – und in der Weise, wie wir über den Menschen denken: Wenn Freiheit radikale Autonomie bedeutet, dann ist ganz frei, wer sich niemandem anvertraut. Wenn wir jedoch gerade dadurch zu reifen, freien und liebenden Menschen werden, dass wir einander anvertraut sind, dann ist das Vertrauen lebenswichtig und seine Verletzung lebensgefährlich.
In der langen Rede über den Guten Hirten (Joh 10) sagt Jesus von sich, dass er der sei, dem allein wir uns unbedingt anvertrauen können. Ohne Gefahr zu laufen, gegängelt, klein gehalten oder missbraucht zu werden. „Ich und der Vater sind eins.“ (Joh 10,30)
Dieses Einander-anvertraut-Sein konkretisiert sich in vielfältigen menschlichen Beziehungen: für das Kind in seinen Eltern, für Liebende, die füreinander da sind. Für die Kranken, die Armen und die Alten in denen, auf deren Hilfe sie angewiesen sind. Und eben ausdrücklich auch in der Kirche in der Gestalt derer, die zu dem Dienst bestellt und gesandt sind, für die Gemeinde zu sorgen und notfalls ihr eigenes Leben für sie zu geben. Wir sind Papst Leo anvertraut. Und er auch uns, weil wir das Unsrige tun sollen, damit er seinen Dienst als Hirte für uns und die Welt nach dem Herzen Gottes tun kann.
„Habemus Papam – Wir haben einen Papst!“ rief Kardinal Mamberti am Donnerstagnachmittag von der Loggia des Petersdoms der Welt zu. Und ich dachte „Habeamus fiduciam – Haben wir Vertrauen!“ Vertrauen wir uns dem vierzehnten Leo an, der uns den Guten Hirten bezeugen will. Und denken wir daran, dass er auch uns anvertraut ist, damit wir mit ihm jenem Frieden Christi dienen, von dem sein erstes Wort an uns sprach.
Fra‘ Georg Lengerke
BetDenkzettel