12.10.2025 2 Könige 5,14-17

251012 Abraham van Dijck Der Prophet Elisa weist Naamans Gaben zurück, 1655
„Dann gebe man deinem Knecht so viel Erde, wie zwei Maultiere tragen können.“ (2 Kön 5,17)
Ein Tag am Strand. Am Abend rieselt aus Socken, Taschen und Handtüchern der Sand ins Kinderzimmer. Die Mutter seufzt. Die Kinder jubeln. „Jetzt haben wir bisschen Strand im Zimmer!“, sagt eines und strahlt. Der Sand wurde aufgefegt und in einem kleinen Fläschchen verwahrt – als Andenken an das, was bleibt vom Tag am Strand.
Daran erinnert mich die Geschichte Naamans, eines syrischen Feldherrn, der an Aussatz erkrankt ist. Er hört vom Propheten Elischa in Israel, begibt sich zu ihm und wird dort beim Bad im Jordan geheilt. Schließlich äußert der Geheilte eine erstaunliche Bitte: Er bittet den Propheten darum, zwei Maultierlasten Erde aus Israel, dem Ort seiner Heilung mitnehmen zu dürfen.
Wieso das? „Dein Knecht“, sagt Naaman zum Propheten, „wird keinem andern Gott mehr Brand- und Schlachtopfer darbringen als dem Herrn allein.“ Allerdings durfte nach dem Gesetz des Mose der Opferkult für den Gott Israels, höchster Ausdruck für Anbetung und Lobpreis, nur an einem heiligen Ort im Gelobten Land gefeiert werden (Dtn 12,5-14). Der heidnische General war zum Glauben an Gott gekommen. Und er will diesen Gott nun auch in seiner Heimat außerhalb des Gelobten Landes anbeten.
Also nimmt Naaman ein Stück Heiligen Landes mit sich, um immer und überall opfern und danken zu können. Das mag uns vorkommen, wie ein Trick zur Umgehung des Gesetzes. Es ist aber mehr als das.
In der Bitte des Syrers Naaman kündigt sich etwas an, was mit der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus eine Botschaft an jeden Menschen wird: Die Stelle der wirksamen Gegenwart Gottes ist nicht mehr ein bestimmter heiliger Ort außerhalb des Menschen. Sie ist vielmehr die Stelle, wo der Mensch die Liebe Gottes annimmt, erwidert und verschenkt. Überall dort, wo der Mensch sich so hineinnehmen lässt in den Bund Gottes mit seinem Volk um der Menschen willen, da wird der Mensch selbst heiliger Ort und heiliges Land.
Dazu muss der Mensch immer wieder in Dankbarkeit zurück kommen an die Orte und Momente, in denen er Gott erfahren und erkannt hat, und darf neu darum bitten, solche zu finden. Nicht, indem er jedes Mal dorthin reist, sondern indem er sich daran erinnert, dass das Wirken Gottes in ihm eine bleibende Spur hinterlassen hat – wie der Strandtag den Sand in den Habseligkeiten des Kindes und wie die Heilung am Jordan die Erde vom Ufer.
Ich erinnere mich an ein Gespräch mit meiner Schwester vor Jahren über die verschiedenen Weisen, wie wir vier Geschwister zu unserem Elternhaus, dem Zuhause unserer Kindheit stehen. Drei von uns wohnen heute woanders. „Ich trage mein Elternhaus in mir“, sagte meine Schwester damals, „wo immer ich bin“.
Das stimmt auch für alle Orte und Zeiten Gottes in unserem Leben. Gott hat sich unser für immer angenommen. Wir tragen seine wirksame Gegenwart in uns. Wo immer er mit uns ist und wir mit ihm sind, da ist Heiliges Land.
Fra‘ Georg Lengerke
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