Mutterschmerz Joh 19,25-27

Am Fest der „Schmerzen Mariens“ wird uns erzählt, wie Jesus vom Kreuz Maria und den Lieblingsjünger einander anvertraut: „Siehe, Dein Sohn!… Siehe, Deine Mutter!“

In dieses Anvertrauen sind wir einbezogen: „Dein Sohn hat uns am Kreuz die selige Jungfrau Maria zur Mutter gegeben.“ heißt es im heutigen Gabengebet.

Ich muss an diesem Tag an die vielen Schmerzensmütter bis heute denken. Eine davon ist meine Urgroßmutter Maria Rosa.

Sie stammte aus Böhmen. Nach ihrer Hochzeit 1907 lebten sie auf dem Besitz meines Urgroßvaters in Sachsen. Zwischen 1908 und 1924 brachte sie acht Söhne und meine Großmutter zur Welt.

Fünf Söhne fielen im Krieg. Einige hinterließen Witwen von Anfang zwanzig und kleine Kinder.

Die Urgroßeltern flohen ins Rheinland zur Familie einer ihrer Schwiegertöchter. Im Frühjahr 1949 starb der Urgroßvater 66jährig. 1955 beerdigte meine Urgroßmutter ihren sechsten Sohn, der an Krebs gestorben war.

Ein Jahr später geriet sie mit ihren beiden verbliebenen Söhnen in einen Unfall. Meine Urgroßmutter überlebte schwer verletzt, die beiden Söhne erlagen ihren Verletzungen. Kurz vor seinem Tod ließ sie sich im Rollstuhl an das Sterbebett ihres letzten Sohnes bringen. Sie war bei ihm, als er starb – als stünde sie mit Maria unter dem Kreuz.

Maria ist in der Freude Gottes. Doch zugleich bleibt sie die Mutter, Schwester und Gefährtin aller Schmerzensmütter aller Zeiten und Orte.

Heute Abend werden wir in München die Heilige Messe für den Libanon feiern. Für die vielen um ihre Existenz und Zukunft Gebrachten, für die behinderten Freunde und jene, die für sie da sind – und für die Schmerzensmütter im ganzen Heiligen Land und bei uns, die für uns unter dem Kreuz stehen.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

Vergebliche Vergebung Mt 18,21-35

Ein Bekannter von mir arbeitete beim sogenannten Trash-TV. Höflich gesagt: beim Fernsehen im unteren Qualitätssegment. Das fand er eine Weile lustig.

Irgendwann riet ihm seine Managerin dazu, auszusteigen. Er habe bald sein „FP“ (im Jargon: „Eff-Pie“) bei den Zuschauern verbraucht. Was das sei, fragte mein Bekannter. „Das Forgiveness-Potential“, sagte sie. Irgendwann seien die Leute nicht mehr bereit, einem den Schrott zu vergeben.

Wann, fragt Petrus, ist mein „FP“ aufgebraucht? Jesus erzählt ihm ein Gleichnis vom unerschöpflichen Vergebungspotential Gottes. Ein König entlässt seinem Minister den Betrag eines ganzen Staatshaushaltes. Der allerdings hält seinerseits am Bruchteil der Schuld eines Mitbeamten fest und setzt seinen Anspruch trotz dessen Bitte um Stundung durch.

Offenbar ist die Vergebung des Königs bei dem Minister gar nicht wirklich angekommen. Zumal der gar nicht um Vergebung, sondern nur um Stundung gebeten hatte. Er wollte keine Gnade. Er wollte Recht. Aber vor dem Recht hatte er mit der unbezahlbaren Schuld keine Chance.

Wer die Vergebung Gottes erbeten, geglaubt und angenommen hat, wer weiß, dass er – ohne es verdient zu haben – nochmal so herausgekommen ist aus seiner Schuld, der empfängt mit der Vergebung auch die Gabe, vergeben zu können.

„Vergib uns unsere Schuld“
und befreie uns
von der ängstlichen Macht
über die, die an uns schuldig wurden.

Schleife die Festung
unseres Opferseins
und unserer sorgfältig gepflegten
Kränkungen,
damit wir zu
Tätern Deiner Gnade werden
und zu Helfern Deiner Vergebung.
Amen.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

BetDenkzettel – Neuer Rhythmus und Umfrage

Liebe Denker und Beter,

seit dem 1. Januar 2019 erscheinen nun die BetDenkzettel. Erst handschriftlich, dann getippt. Erst nur per WhatsApp, dann auch als Podcast. Als kurz vor Ostern 2020 – offenbar aus Angst vor Fake News in der Pandemie – das WhatsApp Konto gesperrt wurde, sind wir parallel zum Podcast auf einen Blog umgestiegen.

Bisher sind die Denk- und Betanstöße nahezu täglich erschienen. Mittlerweile erfordern meine übrigen Aufgaben wieder mehr Zeit; zugleich soll jedoch der BetDenkzettel auch weiter verlässlich und gut durchdacht erscheinen.

Daher wird in Zukunft der BetDenkzettel immer sonntags sowie an Festen und Hochfesten und darüber hinaus je nach Anlass und Inspiration erscheinen. Dafür bitte ich um Verständnis.

Außerdem möchte ich Euch einladen, an einer Umfrage teilzunehmen, die helfen soll, das Angebot der BetDenkzettel zu verbessern. Die Umfrage ist anonym und die Bearbeitungszeit sind 3 Minuten. Zu der Umfrage geht es hier.

Zum Schluss noch einen Hinweis. Es gibt jetzt sowohl im Blog als auch in den Newslettern die Möglichkeit, mit einem Klick direkt per WhatsApp oder per Mail auf die Beiträge zu reagieren.

Fra’ Georg Lengerke

Umgang mit Vergänglichkeit 1 Kor 7,25-31

Wir könnten es uns leicht machen: Paulus hat sich vertan. Die frühen Christen lagen falsch. Selbst Jesus musste sich eines Besseren belehren lassen: Die Welt ist doch nicht untergegangen. Die Naherwartung ihres Endes war damals wie heute ein Irrtum. Und wir könnten die Bibel beiseitelegen und beruhigt sein.

Sind wir aber nicht. Denn das Empfinden für die Endlichkeit und Vergänglichkeit der Welt ist heute aktueller denn je. Was Paulus vor bald 2000 Jahren schrieb, könnte genauso gut heute geschrieben werden: „Die Zeit ist kurz.“ und „Die Gestalt dieser Welt vergeht.“

Es geht bei Paulus und im Neuen Testament nicht nur um Naherwartung. Es geht um einen gläubigen Umgang mit der uns verbleibenden Zeit und der vergänglichen Welt.

Christen wie Nichtchristen sollte es miteinander um die Bewahrung der Schöpfung gehen. Was sie unterscheidet, ist der Horizont ihrer Perspektive.

Was die meisten Menschen heute fürchten, ist das Ende, die Zerstörung und Vernichtung der Welt und der Abbruch aller Geschichte. Ihnen geht es ums Überleben, um Aufschub oder die Abwendung des Kollaps.

Die Christen seit Paulus erwarten die Vollendung, das Offenbarwerden der Wahrheit, die Ankunft Gottes in der Welt und die Ankunft der Welt bei Gott. Ihnen geht es um Umkehr und Versöhnung, um die Fülle des Lebens und vollkommenes gemeinsames Glück.

Für die verbleibende Zeit empfiehlt Paulus, das vollkommene Glück nicht vom Heiraten oder Einkaufen, von den Früchten der Erde oder der Gestalt der Welt zu erwarten.

Paulus gibt einen Rat. Und einen einseitigen dazu. Aber alle, die das Vergängliche mehr lieben als das Unvergängliche tun gut daran, ihn sich zu Herzen zu nehmen.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

Mutters Geburtstagsbrief Röm 8,28-30

Heiligste Mutter,

normalerweise wünsche ich Geburtstagskindern Glück oder Gelingen oder Gottes Segen. Aber der ganz Glücklichen, ganz Gelungenen, ganz Gesegneten – was sollte ich der noch wünschen?

Aber was ich, wie an anderen Geburtstagen, sehr wohl kann, ist danken.

Für Dich danke ich, und dafür, dass Gott Dich erschaffen, berufen und bereitet hat, zu der einzigen Stelle zu werden, an der er selbst als Mensch in die Welt, ja in mein Leben tritt. Manchmal vergesse ich das, wie nah Du uns bist.

Dir will ich danken, dass Du das mit Dir hast machen lassen. Aber was schreibe ich – es war ja mehr als das. Du hast die Menschwerdung ja gewollt und Dein Leben in ihren Dienst gestellt. Und erlitten hast Du die Geschichte Deines Sohnes mit den Menschen auch – so wie nur Ihr Mütter das könnt bei uns Kindern.

Und mit Dir will ich danken für die Bereitung Deines Lebens vom ersten Augenblick an. Für die Zärtlichkeit Gottes, deren erste Zeugin Du bist. Und für seine seltsame Macht, die in Gestalt der Ohnmacht die Welt erlöst und verwandelt.

Ach ja, und ich danke Dir, dass du die Wunderlichkeiten erträgst, mit denen Du mitunter verehrt wirst; und dass Du es nicht erträgst, wenn man Dich den Menschen in den Weg stellt zu Deinem Sohn.

Denn Du bist der Weg des Menschgewordenen zu den Menschen, aber Dein Sohn ist der Weg der Menschen zu Gott.

Ich weiß, liebe Mutter, Du redest nicht so gern von Dir selbst. Aber wenn ich Dir schon nichts wünschen kann, darf ich dann vielleicht mir etwas zu Deinem Geburtstag wünschen?

Dass Du darum bittest,
ich möge nie vergessen,
wem ich das verdanke:

Dass Gott sich
als Sohn einer Mutter
meines Menschenlebens
angenommen hat.

Amen.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie