Karfreitag Corona Jesu – unsere Krankheit Jes 52,13-53,12

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Lange rätselte man über die Darstellung des Gekreuzigten auf dem Isenheimer Altar von Matthias Grünewald (1516). Erst in neuerer Zeit erkannte man, dass die gemalten Wunden nicht Geiselspuren, sondern die Symptome der Mutterkornvergiftung darstellen.

Die daran erkrankten Patienten des Isenheimer Spitals sollten im 16. Jh. im Gekreuzigten den erkennen, von dem Jesaja sagt: „Er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen“. Der Gekreuzigte geht an die Stelle eines jeden leidenden und sterbenden Menschen in der Welt – bis heute.

Wie müsste eine Darstellung des Gekreuzigten aussehen, der die Wundmale der Pandemie trägt? Bei einem unsichtbaren Virus ist das schwierig. Aber es gibt doch ein Zeichen, das mich an die Krankheit erinnert. Der Virus hat seinen Namen von seiner Kranzform. Daher „corona“, was lateinisch „Kranz“ oder „Krone“ heißt.

Jesus wird von den Soldaten eine „corona spinea“, eine Dornenkrone aufgesetzt (Joh 19,5). Der Gefolterte als Witzfigur, als Karikatur eines Königs. Ohne es zu bemerken sagt Pilatus über ihn ein prophetisches Wort: „Ecce homo – Seht der Mensch“. Das ist auch vom Menschen schlechthin gesagt: So steht es um Euch. So geht ihr miteinander und Euch selbst um. So steht es um Eure Souveränität. Feine Könige seid Ihr!

Heute ist es der Virus mit dem Namen Corona, der unserer Souveränität, unserer Selbstsicherheit, unserem Glauben, alles in der Hand zu haben, spottet. Der Dornengekrönte trägt unsere Krankheiten bis vor den Thron dessen, von dem die königliche Würde eines jeden Menschen kommt. Einmal wird der uns die „corona vitae“, die „Krone des Lebens“ verleihen (Offb 2,10).

Fra’ Georg Lengerke

Gründonnerstag Alles in der Hand Joh 13,1-15

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Kurz bevor es so aussieht, als entgleite Jesus alles aus der Hand, heißt es bei Johannes, dass Jesus wusste, dass ihm der Vater alles in die Hand gelegt hat.

Das heißt nicht, dass Jesus einfach alles im Griff gehabt hätte. Sondern, dass es ihm in die Hand gegeben wurde. Weil Jesus sein Leben vom Vater empfängt, kann er auch in Freiheit geben, was er empfangen hat (Joh 10,18). Jesus geht in Freiheit den Weg, den wir in diesen Tagen mit ihm gehen und der ihn letztlich alles kosten wird.

Aber was, wenn wir das Wort auch wörtlich verstehen? Was konkret hält Jesus an jenem Abend in seinen „heiligen und ehrwürdigen Händen“, wie der Erste Römische Messkanon sie nennt? Nun, „Brot und Wein“ möchte man sagen. Stimmt. Aber vorher? Vorher sind es die Füße seiner Jünger. Schwielige, staubige Füße. In denselben Händen. „Ihr seid schon rein durch mein Wort“, hatte Jesus ihnen gesagt (Joh 15,3). Jetzt noch der „letzte Dreck“, der Reinigung und Vergebung nötig macht. Warum? Damit Ihr Anteil bekommt an mir.

Jesus gibt uns Anteil an seinem Leben – dadurch dass sein Wort unser Leben prägt, dadurch, dass sein Abstieg unsere Schuld vergibt, dadurch, dass wir uns hineinnehmen lassen in seinen Leib, den wir in Gestalt des Brotes empfangen und zu dem wir in Gestalt der Kirche der Apostel gehören.

Und dann gibt Jesus schließlich sein Leben aus der Hand und in die Hände der Menschen. In die Hand der Jünger, die ihn fallen lassen, wie eine heiße Kartoffel. In die Hände der Leute, denen die Anwesenheit der Liebe unerträglich ist. Und in unsere Hände bis heute… Was werden wir damit tun?

Fra’ Georg Lengerke

Österliches Homeschooling Jes 50,4-9a

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Homeschooling (das schulische Lernen zuhause) ist oft nur eine Notlösung. Im Glauben allerdings ist es eine lebenslange Realität – gerade jetzt.

Der Gottesknecht bei Jesaja ist ein „Schüler“ (Jünger). Jesus ist zugleich der Hörende auf den Vater und der Lehrende für seine Jünger. Österliches Homeschooling heißt: auf Jesus hören, mit Jesus hören, von Jesus lernen.

Wer auf Jesus hört, hört den Schüler des Vaters und das was er vom Vater gehört hat. Die Lebensbedingungen dieser Tage werden uns vieles anders und neu hören lassen. Die Worte im Abendmahlssaal, in Getsemani, im Prozess und auf Golgota, die Worte seiner letzten Tage spricht Jesus hinein in die müde und erschöpfte Welt unserer Tage.

Je vertrauter wir mit Jesus werden, umso mehr werden wir auch mit ihm hören. Dieses Hören geht immer in zwei Richtungen: wir dürfen mit Jesus auf den Vater hören – gerade dort, wo er in die Einsamkeit geht oder schweigt. Und wir sollen mit Jesus auf die Menschen hören: auf die in Not und Verzweiflung, aber auch auf die in Wut und Hass.

Schließlich dürfen wir durch diese Tage als Schüler Jesu gehen. Wir können von Jesus das Leben und die Liebe und die Freude lernen, die bleiben – selbst durch den Tod hindurch. Allerdings nur dann, wenn wir mit dem misshandelten Gottesknecht auch zu leiden lernen. Zum einen das, was uns an Krankheit und Gebrechlichkeit zugemutet wird; zum anderen das, was wir einander antun. Und den unverschuldeten Hass von Menschen zu erleiden, wird noch schwerer sein, als es die Last von Krankheit und Alter jetzt schon ist.

Österliches Homeschooling heißt auch: leidensfähig werden um der Osterfreude willen.

Fra’ Georg Lengerke

Nicht vergebliche Mühe Jes 49,1-6

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Wenn die Grundlagen unseres Lebens erschüttert werden, fragen sich viele, wozu sich die ganze Mühe für dieses oder jenes lohnt. Der Prophet Jesaja stellt nüchtern fest: „Vergeblich habe ich mich bemüht, habe meine Kraft für Nichtiges und Windhauch vertan.“

Ich stelle mir Abend für Abend diese Frage: Was hat sich heute wofür gelohnt? Manchmal ist das Ergebnis ernüchternd, vor allem nach vertanen Abendstunden. Der hl. Ignatius rät dazu, sich diese Frage zu stellen, als stünde man am Abend des Lebens: Welche Mühe wird sich am Ende gelohnt haben?

Im Leben des Propheten Jesaja finden wir eine Ankündigung und Auslegung des Lebens Christi und der Christen: es ist eine Geschichte von Ruf und Antwort mit Gott dem Vater. Entscheidend ist für Jesus nicht das, was wir für einen „Erfolg“ halten. Entscheidend ist die Antwort auf das, was kommt. Entscheidend ist, dass sich an seinem Leben und Lieben, Scheitern und Siegen die „Herrlichkeit“ des Vaters offenbaren soll. So wird er als „Licht für die Völker“ offenbar.

Derzeit sehe ich deutlicher, was in den letzten Jahren meine Mühe gelohnt hat und was nicht. Es lohnt nicht, sich nach Bällen zu strecken, die keiner spielt, Fragen zu beantworten, die keiner stellt, verwirklichen zu wollen, was keiner möglich gemacht hat.

Es lohnt sich, zu erwarten und anzunehmen, zu verwirklichen und zu gestalten, was sich nahelegt, was mir begegnet, was sich fügt. Und zu ertragen, was ich nicht ändern kann.

Hilf mir, guter Gott,
geduldig und tapfer ertragen,
was ich nicht ändern kann;
und lass mich
mit Dir
von ganzem Herzen wollen
und mit ganzer Kraft tun,
was Du fügst.
Amen.

Fra’ Georg Lengerke

Dein König kommt zu Dir Mt 21,1-11

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Am Palmsonntag ist mir an einer Stelle immer adventlich zumute: Wenn Matthäus sagt, beim Einzug Jesu in Jerusalem habe sich das Wort des Propheten Sacharja erfüllt: „Sagt der Tochter Zion: Siehe, Dein König kommt zu Dir…“ Und dann möchte ich „Tochter Zion“ singen.

„Dein König kommt zu Dir!“ Wie mag das in diesem Jahr klingen? Er kommt zu Dir – weil Du nicht von Dir aus zu ihm kommen kannst. Er kommt in Deine verordnete Klausur, in Deine Verschlossenheit, in Dein Krankenzimmer, an den Ort, an dem Du Dich sorgst und Dein Leben schwer geworden ist.

Dazu gesellt sich für mich dieses Jahr noch ein zweites Bild. Dieser Tage schickte mir ein Freund ein Bild von Christus als Arzt. In seinen Armen liegt die Welt in Gestalt einer jungen Frau. Ihr Gesicht ist das eines Mädchens. Doch sie hat schlohweißes Haar, wie eine Ahnin. Sie ist krank und erschöpft und am Ende ihrer Kräfte. Ihre Augen sind geschlossen und in Tränen. Ihr Kleid trägt die Farben der Völker.

Doch wie heilt Christus nun als König und Arzt die kranke und traurige Welt? Er behandelt sie nicht nur von außen, sondern teilt ihr Leben von innen. „Er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen“, lesen wir am Karfreitag bei Jesaja (53,4). Dein König kommt zu Dir – in Dein Fieber, in Deine Traurigkeit, an die Stelle, an der Du bist.

Am Karfreitag Abend wird es andersherum sein: Eine weinende Frau hält in ihren Armen ihren toten Sohn. Ihr Schmerz sagt: Dein König kommt zu Dir und macht Dein Leben zu seinem Leben und Deinen Tod zu seinem Tod, damit seine Auferstehung auch Deine Auferstehung sei – und die der ganzen kranken Welt.

Fra’ Georg Lengerke