Wer glaubt uns denn? Joh 17,20-26

Am Ende eines Telefongespräches lege ich immer sehr schnell auf. Ich will nicht hören, was mein Gesprächspartner als nächstes zu Dritten sagt, bevor er selbst aufgelegt hat. Erstens geht es mich nichts an. Zweitens könnte mich das unter Umständen sehr verstören.

Im heutigen Evangelium ist das anders. Wir sollen geradezu zuhören, wie Jesus mit Gott dem Vater über die Apostel spricht und für sie betet. Und nicht nur für sie, „sondern auch für alle, die durch ihr Wort an [Jesus] glauben.” (Joh 17,20)

An der Stelle stocke ich immer. Das ist eine der Stellen in der Bibel, wo von mir die Rede ist. Denn zu denen, die durch das Wort der Apostel an Jesus glauben, gehöre auch ich. Wenn ich Jesus glaube, was er sagt, dann auch denen, die erzählt und aufgeschrieben haben, was er gesagt und getan hat. Von den Evangelisten und Aposteln über die vielen heiligen Frauen und Männer, die Zeugen durch die Geschichte – bis hin zu meinen Großeltern und Eltern und zu denen, die mir von Jesus und vom Leben mit ihm erzählt und daran Anteil gegeben haben.

Es lohnt sich vielleicht, dabei ein wenig zu verweilen. „Ich weiß, wem ich Glauben geschenkt habe“, schreibt der hl. Paulus an Timotheus (2 Tim 1,12). Weiß ich das auch? Wem habe ich den Glauben an Jesus geglaubt? Wer hat mir geholfen, Jesus Christus zu kennen, ihn zu lieben und ihm zu dienen – und mit ihm meine Nächsten? Und wer ist da heute? Und will ich überhaupt, dass da jemand ist?

Je länger ich darüber nachdenke, umso mehr merke ich, dass ich auch auf die Seite der Apostel gehöre. Die Geschichte der Zeugnisse für den Glauben an Gott geht weiter. Ich gehöre nicht nur zu denen, die durch das Wort der Apostel an Jesus glauben. Ich gehöre auch zu denen, durch deren Wort andere an Jesus glauben können sollen.

Aber wer glaubt mir eigentlich? Und wer hat Anlass mir den Glauben an Gott in Jesus Christus zu glauben. Lebe und liebe, denke, rede und handle ich glaub-würdig für die Liebe Gottes und von ihr?

Oder habe ich nur versucht, die Menschen etwas „glauben zu machen“ (was nichts anderes heißt, als sie belogen zu haben)?

Diese Fragen muss sich nicht nur ein Priester stellen, sondern jeder Mensch, der sich Christ nennt. Es ist das Ende des Glaubens an Gott, wenn wir ihn für unsere Privatsache halten. Wo nicht mehr mit und von Gott gesprochen wird, da spricht Gott nicht mehr.

Jesus Christus betet zu Gott dem Vater, dass wir mit ihm und untereinander eins sind. Dieses Gespräch in Gott dauert an. Bis auf den heutigen Tag. Er betet für uns und für die, die durch unser Wort an ihn glauben.

Das höre ich. Und lauschend schließe mich diesem Gebet an. Und anders als vorhin am Telefon kommt es jetzt vor allem auf eines an: dass ich nicht auflege.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie