Der Freiheit einverleibt (Gründonnerstag)

17.04.2025    1 Korinther 11,23-26

Der Freiheit einverleibt (Gründonnerstag)

Tintoretto, Das letzte Abendmahl, 1593 (Detail)

Wenn es heißt, jemand habe sich etwas einverleibt, dann ist das oft nicht positiv konnotiert. Mir fällt der böse Wolf ein, der das Rotkäppchen frisst. Oder ein Staat, der sich das Territorium eines kleinen Nachbarn aneignet. Oder das maliziöse Wort des Mephisto in Goethes „Faust“, die Kirche habe einen guten Magen und schon ganze Länder aufgefressen. Einverleibung ist Bemächtigung.

Wie ist das nun mit der Eucharistie, dem Abendmahl der Christen? Sie nehmen Christus beim Wort, dass er sich in den Gaben von Brot und Wein selbst den Seinen zu essen gibt. Er lässt zu, dass sie sich ihn einverleiben, sich seiner bemächtigen.

Damit geht er das Risiko ein, dass sie entsprechend von ihm denken: als sei er bloß eine Medizin, die etwas bewirken soll, oder ein Lebensmittel zu einem höheren Lebenszweck.

Aber in der Eucharistie geht es nicht darum, dass wir uns das Sakrament einverleiben. In der Eucharistie geht es darum, dass wir uns von Christus einverleiben lassen. Es geht nicht nur darum, dass Christus in uns eingeht, sondern dass wir ihn ihn eingehen.

Einverleibung ist nur die Außenseite der Eucharistie. Eigentlich geht es um Verleiblichung. Darum, dass Unsichtbares leiblich sichtbar wird. Der Sohn Gottes verleiblicht sich in Jesus von Nazareth. Jesus verleiblicht sich über seinen Tod hinaus in Brot und Wein für die Seinen. Und er verleiblicht sich in den Seinen, die das Sakrament empfangen und die so selbst zum Sakrament werden. Die sich von ihm die Füße waschen lassen und mit ihm die Füße ihrer Brüder und Schwestern waschen.

Die Eucharistie zeigt und bewirkt, dass wir ungetrennt und unvermischt mit Christus verbunden sind. Diese Einigung mit ihm besteht darin, dass er für uns da ist und wir erkennen, dass wir Geliebte sind. Und darin, dass wir für ihn und mit ihm füreinander da sind, so dass wir lernen, Liebende zu sein.

Einverleibung in die Gemeinschaft mit Christus ist daher immer auch Einverleibung in einen Beziehungs-Organismus, der die Kirche ist und den Paulus ebenfalls – wie die Eucharistie – „Leib Christi“ nennt (1 Kor 12,27; Eph 4,12).

Diese Einverleibung ist keine Bemächtigung sondern eine Befreiung. Denn wo wir im leiblichen und geistlichen Organismus der Liebe Gottes leben, da erfahren und erkennen wir, was es heißt, Geliebte zu sein und Liebende zu werden. – Mitten in einer unheilen Welt, die nur die Liebe heilen kann.

Fra’ Georg Lengerke

BetDenkzettel 
Georg Lengerke

Der BetDenkZettel ist eine Reihe kurzer Bet- und Denkimpluse zu einem Wort aus den Schriftlesungen der Liturgie von Fra Georg Lengerke.

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