05.10.2025 2 Timotheus 1,6-8.13-14

Albrecht Dürer, Melencolia I (1514)
„Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ (2 Tim 1,7)
Umfragen sagen uns, dass mit einer wachsenden geopolitischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Unsicherheit auch die Ängste der Menschen zunehmen. Nun ist Angst angesichts einer realen Bedrohung zunächst einmal ganz normal. Wenn wir richtig mit ihr umgehen, hilft sie uns, uns zu schützen oder realistisch einzuschätzen, was wir wagen sollen und wollen.
Es gibt aber auch eine Form von Angst oder Furcht, die mit Feigheit, Mutlosigkeit und Unentschlossenheit einhergeht, und dazu führt, dass Menschen sich zurück- und ihrer Verantwortung entziehen.
Im zweiten Brief an seinen Schüler Timotheus erinnert Paulus diesen an die Gnade Gottes, die er bei der Handauflegung durch Paulus empfangen hat, und daran, dass Gott „nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben hat, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“. (2 Tim 1,7)
Warum schreibt Paulus nicht einfach, Timotheus solle nicht verzagt sein, weil Gott den Geist der Kraft geschenkt hat. Warum steht da „Geist der Verzagtheit“. Zum einen mag das daher kommen, dass die Verzagtheit eine Macht und Eigendynamik bekommen kann, die angesprochen und der widersagt werden muss.
Zum anderen hat das damit zu tun, dass manche Leute ihre Verzagtheit nicht nur für ein Gebot der Stunde, sondern auch für das Wirken des Heiligen Geistes und eine heilige Pflicht halten. In der Kirche zum Beispiel gehört in manchen Kreisen auf beiden Seiten des polarisierten Spektrums die frustrierte Klage über die Kirche und ihre jeweils wahrgenommenen Missstände zum guten Ton: Wer nicht klagt, hat den Ernst der Lage nicht begriffen. Und die Missstände sind dafür verantwortlich, dass es mit dem eigenen Leben nicht weitergeht.
Ich vermute, dass Paulus eine solche Haltung in der Kirche kannte. Daher stellt er klar: „Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“.
Der „Geist der Kraft“ geht den jeweils nächsten Schritt im Tun des Willens Gottes mit uns (und sei er scheinbar noch so klein), der ein Nanomoment in Gottes großer Verwandlung der Welt ist.
Der „Geist der Liebe“ liebt nicht, wie die Welt ist, sondern er liebt die Welt, wie sie sind. Und wo sie so angenommen wird, da hat Gott durch alle Mitliebenden schon begonnen, Welt und Mensch zu verwandeln, zu bekehren und zu heilen.
Der „Geist der Besonnenheit“ schließlich vermittelt den Fragenden den Weg zur Antwort, den Unterscheidenden das Licht und den Entscheidenden die Entschiedenheit Gottes für die Welt und den Nächsten.
Fra‘ Georg Lengerke
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