Maria Magdalena – Suchen und Gefundenwerden Hld 3,1-4a

Vor einigen Tagen schickte mir eine Bekannte einen Text von Pablo Picasso: „Ich suche nicht – ich finde“ lautet die erste Zeile. Darin plädiert er dafür, „sich vom Ziele ziehen [zu] lassen und nicht – menschlich beschränkt und eingeengt – das Ziel [zu] bestimmen“.

Ich ahne, was Picasso meint. Es gibt eine ideologische Überhöhung des Suchens, für die das Finden gar kein Thema mehr ist. Als ginge es um das Suchen an sich, um ein ewiges Sehnen, in dem der Mensch sich tragisch verzehrt, ohne je an ein Ziel zu kommen.

Und es kann sein, dass mit meiner Suche eine Fixierung auf Erwartbares einhergeht, das mich den verpassen lässt, der eigentlich von mir zu finden wäre. Denn wer Gott sucht, sucht nicht etwas, sondern jemandem.

So geht es Maria Magdalena am Grab. Sie sucht den Toten und erkennt den Lebendigen nicht. Was sie dann erlebt, übertrifft die Erwartung an den Gesuchten: Sie wird gefunden. Im Hohenlied von den Wächtern. Im Evangelium von dem, den sie für den Gärtner hält, der aber in Wirklichkeit der von ihr Gesuchte ist, den sie bei den Toten nicht finden kann.

Dennoch glaube ich, dass wir Gott suchen sollen – über das bekannte Erwartbare hinaus. Doch das erste ist nicht, dass Maria Magdalena Jesus sucht, sondern das Jesus Maria Magdalena sucht. Das heißt Menschwerdung: Gott sucht und findet den verlorenen Menschen.

Der Moment, in dem sie gefunden, erkannt und gemeint ist, ist zugleich der Augenblick, in dem die Suchende den findet, den sie gesucht hat – und der nun alle ihre Erwartungen übertrifft.

Ich suche Dich
in allen Dingen
und will mich
von Dir finden lassen.
Ich suche Dich.
Und Du findest mich.
Amen.

Fra‘ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie