Am Anfang hatten die Christen vor Paulus vor allem eines: Angst. Konnte der für seine Brutalität gefürchtete Christenverfolger wirklich ein Jünger Jesu geworden sein?
Die Angst vor Konvertiten ist nicht neu. Es gibt sie als Angst vor Konvertiten, die keine sind, und als Angst vor Konvertiten, die wirklich welche sind.
Die Angst vor Scheinkonvertiten trat zuletzt vor allem gegenüber Flüchtlingen muslimischen Glaubens auf, die sich hier taufen ließen und nunmehr in ihrer Heimat bedroht waren. Die christliche Gemeinde muss Sorge tragen, dass der Glaube nicht zum Schein angenommen wird. Aber sie kann sich dem Risiko, betrogen zu werden, genauso wenig entziehen wie der Herr.
Wo eine Gemeinde lebendig und eines Sinnes ist, wird sich ein Scheinkonvertit leichter entlarven lassen. Wo sie sich in Auflösung befindet, nur schwer. Wo „Konfession“ nicht mehr „Bekenntnis“, sondern nur noch ein Vermerk auf dem Taufschein ist, dort ist die Sorge der Schein-Christen um die Schein-Konvertiten bloße Scheinheiligkeit.
Die Angst vor Konvertiten, deren Leben durch eine Begegnung mit Christus erschüttert und neu ausgerichtet wurde, ist etwas anderes.
Sie ist verständlich, wo der Eifer der Neubekehrten eine Verzerrung, Verengung oder Einseitigkeit in die Gemeinde trägt, die bis zur Spaltung gehen kann. Zugleich ist sie eine heilsame Verunsicherung der Gleichgültigen und Gelangweilten, der Gewöhnten und Verhärteten.
Jede echte Bekehrung zu Christus ist eine Chance für die Anderen. Sie stellt uns vor die Frage, wie es um unser Leben mit Ihm bestellt ist.
Auch die Kirche heute muss sich das von Paulus wie von den Konvertiten unserer Tage fragen lassen. Es ist das beste Mittel gegen unsere Scheinheiligkeit.
Fra’ Georg Lengerke