Frauenhand und Männerbeine Mk 5,21-43

27.06.2021    

Riesige nackte Männerfüße in Sandalen. Adern unter braungebrannter Haut. In den Hautfalten und unter den Fußnägeln Straßenstaub. Man sieht alle Details bis zu den Waden auf dem wandgroßen Bild in der Krypta von Magdala am See Genezareth.

Zwischen den vielen Füßen, etwas über dem Boden, eine schmale und elegante aber blasse und früh faltige, irgendwie blutleere Frauenhand. Die Frau selbst ist verborgen. Sie muss zu Boden gegangen sein. Entweder aus Erschöpfung oder weil nur dort unten ein Durchkommen war: Mit dem Zeigefinger berührt sie den Saum des Gebetsschals des Mannes in der Mitte.

Ein Funke springt über. Etwas ist geschehen. Der Blutfluss ist versiegt.

Die Geschichte könnte hier zuende sein. Aber Jesus will die Frau sehen: Im Gedränge der Vielen die eine, zu Boden gegangene Frau. Sie ist der ganz und gar erschöpfte Mensch. Und schon die Kirchenväter sahen in ihr die verausgabte, ausblutende Kirche.

Die Lebenskraft entweicht ihr. Die vielen Helfer, so erfolglos wie teuer, haben alles nur noch schlimmer gemacht.

Doch es genügt nicht, nur geheilt zu werden und anonym zu bleiben. Keiner soll sich die Heilung im Gedränge erschleichen. Jesus will die Frau sehen. Nicht, weil er sie nicht kennt. Sondern weil sie ihn nicht kennt. Das Angesehenwerden gehört zur Heilung dazu, weil auch das Ansehen erneuert werden soll.

Wir Christen heißen nach dem, der uns Gottes Angesicht zeigt und unser Angesicht vor sich ruft. Er will uns nicht unerkannt entkommen lassen. Und zwar um unseretwillen.

Angesichts seiner werden wir und wird die Kirche nicht verbluten. Seine Lebenskraft wird die unsrige sein, damit wir sie den Menschen zuwenden, die mit uns zusammen hören wollen: „Dein Glaube hat Dich gerettet. Geh in Frieden! Du sollst von Deinem Leiden geheilt sein.“

(Eine Darstellung des Bildes in Internet findet sich in dem Kiosk von Magdala unter  https://magdala-gift-shop.myshopify.com/products/encounter-magdala-encounter-chapel-mural-canvas-replica )

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

BetDenkzettel 
Georg Lengerke

Der BetDenkZettel ist eine Reihe kurzer Bet- und Denkimpluse zu einem Wort aus den Schriftlesungen der Liturgie von Fra Georg Lengerke.

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