Problem gelöst – Probe nicht bestanden Joh 6, 1-15

Als die Zuhörer Jesu Hunger bekommen, stellt er seine Jünger mit einer Frage „auf die Probe“: „Wo sollen wir Brot kaufen?“

Aber worin besteht denn die Probe? Und haben die Jünger sie bestanden?

Die Geschichte hätte auch so weitergehen können: Die Jünger antworten dem Herrn: „Kein Problem, wir kümmern uns drum, ruh du dich aus.“

Sie stellen fest, dass ihr Geld nicht reicht und erheben von allen eine Gebühr. Im nächsten Dorf finden sie den günstigsten Brotanbieter. Unten an der Straße machen sie einen Brotladen für die Reisenden auf. Sie wollen schließlich für alle da sein, nicht nur für die Zuhörer Jesu. Am Ende ist nicht nur Brot sondern auch Geld übrig. Der Service war erstklassig.

Das große Essen ist fast vorüber. Die Jünger stehen zusammen und einer fragt: „Hat eigentlich jemand dem Herrn Bescheid gesagt?“ – Es herrscht betretenes Schweigen.

Das Problem ist gelöst – aber die Probe nicht bestanden.

Doch im Evangelium bestehen die Jünger die Probe. Erstens, indem sie sich ihrem Mangel an Mitteln stellen.

Zweitens, indem sie sich einer scheinbar ungenügenden, verachteten Gabe erinnern: eines Kindes mit fünf Broten und zwei Fischen.

Und drittens, indem sie diese nicht ernst genommene Gabe Jesus zur Verfügung stellen.

Was sind die unterschätzten Gaben für den Hunger unserer Zeit? Es sind die Gaben jenes Kindes, in dem Gott ein Mensch geworden ist:

Die weltfremde Botschaft von dem einen Menschen, in dem Gott zu allen Menschen kommt.

Das peinliche Wort in seinem Namen, das bewirkt, was es sagt.

Das vergessene Versprechen, dass wir mit ihm alles wagen dürfen, weil er sterbend alles besiegt hat.

Der unmerkliche Hauch des Geistes, der Menschen zu Liebenden macht – wider den Hass.

„Bringt sie mir her!“, sagt Jesus von den unterschätzten Gaben in einer Parallelstelle (Mt 14,18).

Bringen wir sie ihm. Und teilen wir sie mit ihm aus. Sie reichen für alle – und für alles, was noch kommt.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

Urlaub, Ferien und die große Not Mk 6,30-34

Ein Freund von mir frotzelt immer ein wenig, wenn ich davon spreche, dass ich Ferien mache. Er hält Ferien (wenn nicht gerade von Schulferien die Rede ist) für die sprachliche Extravaganz von Leuten, die Klo statt Toilette, Sofa statt Couch und Salon statt Wohnzimmersagen. Das, so der Freund, sind die Leute, die auch Ferien statt Urlaubsagen.

Aber Ferien und Urlaub sind nicht dasselbe, auch wenn sie dieselbe Sache bezeichnen können. Feriae sind in der Antike und bis heute in der Liturgie göttlich vorgegebene „freie Tage“. Ferien hat man. Urlaub muss bei Anderen beantragt und gewährt, gegeben und genommen werden. Und wer sich Urlaub nimmt, der nicht gewährt wurde, hat ein Problem.

So geht es Jesus mit den Jüngern. Vor lauter Arbeit kommen sie nicht mehr zum Essen. Es ist Zeit für eine Pause. Jesus nimmt Urlaub vom Dienst an den Menschen. Aber die Menschen gewähren den Urlaub nicht. Sie kommen ihm zuvor und laufen ihm nach.

Das kann es geben. Dass Urlaub verweigert wird und auch die heiligen Feriae ausfallen müssen, weil die Not ruft und ein höheres Gut zur Disposition steht.

So geht es in Deutschland gerade vielen. Den von den Überschwemmungen Betroffenen und ihren Helfern, Freunden, Bekannten. Für sie ist in diesen Tagen weder an Urlaub, noch an Ferien zu denken. Es gibt eine Not, die zeitweilig nur jenes Mindestmaß an Freizeit erlaubt (und gebietet!), die zur Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit zur Hilfe notwendig ist.

Es gibt Momente, in denen Jesus sich entzieht, und Ferien hat, obwohl ihm Urlaubnicht gewährt wird (Mk 1,35-37). Doch wenn die Not übergroß wird, lässt er sich erneut finden, um für die Menschen da zu sein.

Die Jünger sollten dreierlei tun:
Sie sollen mit Jesus für die Menschen in Not da sein, weil er für sie erreichbar bleibt.
Sie sollen sich, wie die Menschen in Not, von Jesus finden lassen, weil er sie (von überall) miteinander verbinden wird.
Und wenn die Zeit gekommen ist, sollen sie mit Jesus Ferien machen – selbst wenn nicht alle gewillt sind, ihnen Urlaub zu gewähren.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

Umgekehrte Effektivität Mk 6,7-13

Neulich war ich mit einer Frau im Gespräch, die sehr engagiert und sehr frustriert in der Kirche war. Es war eine Gelegenheit, alles einmal rauszulassen. Einiges konnte ich besser, anderes weniger gut nachvollziehen. In ihren Worten war Bitterkeit und Härte.

Während ich ihr zuhörte, fragte ich mich: Wie ist die Kirche jetzt in diesem Zimmer? Sie ist genauso gut oder schlecht wie wir beide: hart und bitter, ratlos und ungeduldig, lieber woanders sein wollend oder froh, einen Schuldigen gefunden zu haben. Und zugleich ist die Kirche so, wie Jesus zu uns und mit uns ist.

Auch die Aussendungsrede Jesu könnte mich ja bitter oder zynisch werden lassen (Mk 6,7-13). Zum Beispiel, wenn ich darüber lamentierte, wie selten eine solche jugendliche Frische der Sendung heute in der Kirche geworden sei.

Mich erinnert die Aussendung der Apostel an die Zeit, als ich aufgebrochen bin, um Priester zu werden. An Momente, in denen ich es gewagt habe, lieb Gewordenes zu verlassen, um lieber Gewordenes zu finden. An Momente, in denen ich mich angewiesen mache auf Menschen, deren Gast ich bin, die mich unterstützen und mir umsonst geben, was ich brauche, um meinen Dienst mit Jesus an den Menschen zu tun.

Ich will mich wieder und wieder senden lassen und ernst machen mit der umgekehrten Effektivität der Verkündigung. Denn je weniger ich meine Machbarkeit zum Maßstab mache, umso größer wird der Raum der Macht Gottes; je nackter ich mich mache, um so kraftvoller werde ich gerüstet; und je weniger ich auf mein (materiell oder geistig) Erspartes vertraue, um so beschenkbarer werde ich sein – auch mit jener Vollmacht Jesu, die den Seinen Macht über die bösen Mächte gibt.

Und wenn mich die Versuchung überkommt, über die reiche und bequem gewordene Kirche zu klagen, dann erinnere ich mich, dass die Kirche in meinem Zimmer nur so gut ist, wie ich es bin – und wie Jesus, der für mich und mit mir für die Menschen da sein will.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

„Heimnachteil“ Mk 6,1b-6

Im Fußball sind „Heimsiege“ häufiger als „Auswärtssiege“. Das liegt am sogenannten „Heimvorteil“, also der Unterstützung der Fans oder der Vertrautheit mit örtlichen Gegebenheiten.

Den Heimvorteil gibt es auch im Leben einzelner. Familie, Nachbarschaft und Kommune sind stolz auf sich und „ihr“ Kind, das sportlich, musikalisch oder sonstwie begabt und erfolgreich ist.

Der Heimvorteil gilt, solange ein Kind fürseine Heimatstadt spielt aber nicht gegensie. Spielte es in einem fremden Verein gegen die eigene Stadt, sähe es vermutlich schon anders aus. Besonders, wenn der fremde Verein gegen die Heimatstadt gewinnt.

Für jemanden, der etwas zu sagen hat, gilt der Heimvorteil, solange er für seine Stadt spricht. Schwieriger wird es, wenn er zu seiner Stadt spricht. Gänzlich unwahrscheinlich ist der Heimvorteil, wenn einer gegen seine Stadt spricht.

Ein Prophet hat keinen Heimvorteil, sagt Jesus in seiner Heimat. „Woher hat er das alles?“, fragen die Nazarener. Jedenfalls nicht von uns. Wir kennen ihn doch und seine Herkunft und seine Prägung.

Da ist etwas Fremdes und Mächtiges in ihm, das nicht von ihnen kommt, das nicht seiner Herkunft entspringt. Etwas, das sie übersteigt und vermutlich die Macht hat, sie zu verändern.

Ich glaube, dass es Jesus bis heute so in seiner Kirche geht, wo man ihn bloß als Weisheits- und Lebenslehrer zu kennen und über ihn bescheid zu wissen meint. Göttliche Macht darf er nicht haben, wenn er einer von uns sein soll.

Zwei Adressen werden uns genannt, wo diese Macht gleichwohl ankommen und wirken kann: bei den Kranken und in den benachbarten Dörfern. Bei denen also, die sich nach seiner Heilsmacht sehnen, und bei jenen Gemeinschaften, die nicht von ihrem allzu verwandtschaftlichen Bescheidwissen und Auskennen am Glauben an Christus gehindert werden.

Vielleicht sollten wir uns bei denen mal umschauen.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie

Wofür man uns halten soll (Predigt in St. Kunibert, Köln, Malteser Generalversammlung am 19. Juni 2021)

Am 19. Juni 2021 haben wir im kleinen Rahmen die heilige Messe anlässlich der online stattfindenden Generalversammlung der deutschen Assoziation des Malteserordens gefeiert und einen Teil der diesjährigen Kandidaten für die Mitgliedschaft im Malteserorden aufgenommen. Bei dieser Gelegenheit wird alljährlich das Fest der Geburt Johannes des Täufers gefeiert.

In der Predigt ging es darum, dass die Christen sich nicht mit Christus verwechseln lassen dürfen, wenn sie wollen, dass der Glaube an ihn hierzulande eine Zukunft hat. Sie ist eine Vertiefung des BetDenkzettels vom 24. Juni 2021.