Neulich war ich mit einer Frau im Gespräch, die sehr engagiert und sehr frustriert in der Kirche war. Es war eine Gelegenheit, alles einmal rauszulassen. Einiges konnte ich besser, anderes weniger gut nachvollziehen. In ihren Worten war Bitterkeit und Härte.
Während ich ihr zuhörte, fragte ich mich: Wie ist die Kirche jetzt in diesem Zimmer? Sie ist genauso gut oder schlecht wie wir beide: hart und bitter, ratlos und ungeduldig, lieber woanders sein wollend oder froh, einen Schuldigen gefunden zu haben. Und zugleich ist die Kirche so, wie Jesus zu uns und mit uns ist.
Auch die Aussendungsrede Jesu könnte mich ja bitter oder zynisch werden lassen (Mk 6,7-13). Zum Beispiel, wenn ich darüber lamentierte, wie selten eine solche jugendliche Frische der Sendung heute in der Kirche geworden sei.
Mich erinnert die Aussendung der Apostel an die Zeit, als ich aufgebrochen bin, um Priester zu werden. An Momente, in denen ich es gewagt habe, lieb Gewordenes zu verlassen, um lieber Gewordenes zu finden. An Momente, in denen ich mich angewiesen mache auf Menschen, deren Gast ich bin, die mich unterstützen und mir umsonst geben, was ich brauche, um meinen Dienst mit Jesus an den Menschen zu tun.
Ich will mich wieder und wieder senden lassen und ernst machen mit der umgekehrten Effektivität der Verkündigung. Denn je weniger ich meine Machbarkeit zum Maßstab mache, umso größer wird der Raum der Macht Gottes; je nackter ich mich mache, um so kraftvoller werde ich gerüstet; und je weniger ich auf mein (materiell oder geistig) Erspartes vertraue, um so beschenkbarer werde ich sein – auch mit jener Vollmacht Jesu, die den Seinen Macht über die bösen Mächte gibt.
Und wenn mich die Versuchung überkommt, über die reiche und bequem gewordene Kirche zu klagen, dann erinnere ich mich, dass die Kirche in meinem Zimmer nur so gut ist, wie ich es bin – und wie Jesus, der für mich und mit mir für die Menschen da sein will.
Fra’ Georg Lengerke