Genau zur richtigen Unzeit (Palmsonntag)

13.04.2025    Lukas Lk 19,28-40

Genau zur richtigen Unzeit (Palmsonntag)

Keiner singt im August „Alle Jahre wieder“, und niemand an einem Sommertag „Stille Nacht, heilige Nacht“. Und es wäre seltsam, „Tochter Zion, freue dich“ im Frühling zu singen.

Letzteres aber sollten wir am Palmsonntag dennoch tun. Warum? Jesus zieht auf einem Esel in Jerusalem ein. Und denen, die das sehen, fällt der Text aus dem Propheten Sacharja ein, der dem Adventslied zugrunde liegt: „Juble laut, Tochter Zion! / Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir. / Gerecht ist er und Rettung wurde ihm zuteil, demütig ist er und reitet auf einem Esel, / ja, auf einem Esel, dem Jungen einer Eselin“ (Sach 9,9). Entsprechend rufen oder singen die Jünger Jesu den Willkommenspsalm für den Messias: „Gesegnet sei, der da kommt im Namen des HERRN!“ (Psalm 118,26, Lk 19,38)

Wir könnten also gut am heutigen Palmsonntag Adventslieder singen: „Tochter Zion, freue dich … dein König kommt zu dir!“ und „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“, und dann später: „Komm, o mein Heiland Jesu Christ, meins Herzens Tür dir offen ist.“

Im Advent kann sich bei diesen Liedern vielleicht eine gewisse Rührseligkeit einstellen. Schon sind das Kind und die Krippe, die Engel auf den Feldern und die Hirten im Blick. Und die Vorfreude auf Weihnachten wächst.

Heute wird uns diese Rührseligkeit vergehen. Die Jünger rufen „Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn“. Die Bewohner Jerusalems bereiten Jesus einen königlichen Empfang und schmücken mit ihren Kleidern und Zweigen seinen Weg.

Doch nur wenige Tage später hat sich das Blatt gewendet. Die Jünger sind alle geflohen. Die Menge schaut auf einen geschändeten und gefolterten Jesus, zum Spott als König verkleidet, und fordert seinen Tod: „Ans Kreuz mit ihm! Ans Kreuz mit ihm!“

Was ist aus unseren Adventsliedern geworden? Was aus dem Willkommen für das Kind an Weihnachten, vom dem es hieß, es werde die Menschen retten und ihnen Frieden bringen? Welchen Raum haben wir ihm gegeben? Haben wir seine Stimme gehört? Und sind wir bei ihm geblieben?

Sollten wir „Tochter Zion“ also vielleicht besser doch nicht singen? Die Pharisäer rufen Jesus zu, er solle seinen Jüngern das Lied vom Kommen des Messias verbieten. Aber Jesus lässt sie singen. Das Lied muss gesungen werden. Die Schöpfung will den Schöpfer loben. Wenn das Lied nicht gesungen wird, dann stimmt nichts mehr und die Schöpfung steht Kopf: „Wenn diese schweigen, werden die Steine schreien!“ (Lk 19,40)

Fra’ Georg Lengerke

BetDenkzettel 
Georg Lengerke

Der BetDenkZettel ist eine Reihe kurzer Bet- und Denkimpluse zu einem Wort aus den Schriftlesungen der Liturgie von Fra Georg Lengerke.

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