01.07.2020
„Ich hasse eure Feste, ich verabscheue sie und kann eure Feiern nicht riechen!“, lässt der Prophet Amos Gott sagen.
Auf der einen Seite wird eine überästhetisierte, pathetische Liturgie gefeiert. Auf der anderen Seite leben die Reichen unbekümmert auf Kosten der Armen und die Ungerechtigkeit im Volk Gottes stinkt zum Himmel.
Die Tendenz gibt es unter Christen bis heute. Viele wollen noch emotional, ästhetisch oder intellektuell berührt werden. Doch möglichst ohne Folgen für eine Gott gemäße Beziehung zu den Armen.
Andere meinen deshalb, wir wären auf einem guten Weg. Schon in meiner Kindheit sangen wir in der Kirche vor allem politische Lieder über soziale Gerechtigkeit. Und während seitdem die Zahl der gemeinsam Betenden ständig abnimmt, wächst die Zahl derer, die als Arbeitnehmer der Kirche der sozialen Gerechtigkeit dienen.
Hier wie da ist der Wurm drin. Und ich stelle mir vor, was uns ein Prophet wie Amos wohl heute im Namen Gottes sagen würde:
„Die einen hören sich noch immer selbstverliebt singen, aber mit mir den Armen dienen wollen sie nicht. Die anderen wollen den Armen dienen, aber nach meinem Weg mit ihnen fragen sie nicht.
Ihr betet, ohne Euch senden lassen zu wollen. Ihr lasst Euch senden, aber nicht von mir.
Ihr habt den Dienst an den Armen delegiert. Ihr bezahlt andere für das, was ich mit Euch tun will.
Ihr schämt Euch, das arme Volk Gottes und das Volk der Armen Gottes zu sein, und lasst Euch als Dienstleister des Gemeinwohls loben.
Aber ich selbst
bin der Ärmste
unter den Menschen geworden,
damit ihr
mit mir die Armen findet
und mit den Armen schon hier
die Herrlichkeit Gottes.“
Fra‘ Georg Lengerke
BetDenkzettel