Neulich scherzte jemand: „Früher haben wir Kuchen gegessen, auf dem das Geburtstagskind die Kerzen ausgepustet hat. Wilde Zeiten!“
Mir war schon früher der Hauch fremder Menschen nicht unbedingt angenehm. Je fremder umso unangenehmer. Auch als der Atem anderer Menschen in der Regel noch ein harmlos miefiges Lüftchen war. Aber die Zeiten haben sich geändert.
Kaum einer denkt noch daran, dass die Atemspende des einen das Leben eines anderen retten kann. Vor allem kann der Atem eines Menschen tödlich sein. Wie in der Klimadiskussion wird gesagt: Der Mensch ist nicht nur in Gefahr. Er ist die Gefahr. Der Lebensatem des Einen wird zur Todesgefahr für den Anderen.
An Pfingsten hören wir, dass Jesus die Seinen als Zeichen der Mitteilung des Geistes ausgerechnet anhaucht. Wie der Schöpfer den Menschen verlebendigt, indem er ihm den Lebensatem einhaucht, so verlebendigt der Mensch Gewordene die schuldig Gewordenen durch den Geist und die Gabe der Vergebung, indem er sie anhaucht. Die verheißene Zeit des Aufatmens hat begonnen (Apg 3,20).
Sich anhauchen zu lassen hat noch nie so viel Mut gebraucht, wie jetzt. Und das gilt nicht nur für den Atem eines Menschen. Der Heilige Geist schenkt nicht nur Mut. Es braucht auch Mut, ihn sich schenken zu lassen. Er führt uns ins Neue, wo wir die Rechnungen offen lassen und aufatmen wie nie.
Gib mir Mut, o Gott,
mich anhauchen zu lassen
mit Deinem Geist,
der die Gabe der Vergebung
und des Vergebenkönnens
ist.
Lass Zeiten des Aufatmens kommen,
Herr,
und erleuchte unseren Geist,
damit wir
Deinen Lebenshauch
nicht für unseren Todeshauch
und unseren Todeshauch
nicht für Deinen Lebenshauch
halten.
Amen
Fra‘ Georg Lengerke