Den Untreuen treu 2 Tim 2,8-15

Wenn zwei einander treu sind, zueinander aufmerksam, aneinander interessiert, füreinander hingebungsvoll und miteinander für andere, dann ist das der Idealfall von Liebe.

Wenn es zwischen Liebenden zu einem Auseinanderdriften von Interessen,
zu einer Ungleichzeitigkeit des Alterns oder der leibseelischen Kondition, zu einem Verlust der gemeinsamen Perspektive und zur Entfremdung kommt, dann ist das der Ernstfall von Liebe.

Letzteres ist der Fall im Leben von unzähligen Paaren. Und es ist zugleich die Grundgegebenheit zwischen Gott und den Menschen. Für viele Paare ist oft das einzige, was noch möglich scheint, einfach jeweils ihrer Wege zu gehen. Bei den meisten bleiben Wunden lebenslänglich unverheilt.

Im 2. Brief an Timotheus deutet Paulus in einem kleinen Satz die ganze Dramatik der Heilsgeschichte an: „Wenn wir untreu sind, bleibt er [Christus] doch treu.“ Damit ist die Logik der Aufrechnung, des „Wie Du mir, so ich Dir“ aufgebrochen. Gott begibt sich als Mensch zu den Menschen, um den Entfremdeten die Gemeinschaft mit Gott neu zu schenken. Gott bleibt dem untreuen Menschen treu, der ihn aus seinem Leben, aus der Welt, aus der Erinnerung wegschaffen will. Es ist die Treue Jesu Christi durch den Tod hindurch, die uns rettet.

Wenn ich untreu bin,
bleibst Du treu.
Wenn ich vergesse,
erinnerst Du.
Wenn ich wegschaue,
schaust Du hin.
Wenn ich hinschmeiße,
hältst Du fest.
Wenn ich fliehe,
bleibst Du da.
Wenn ich fluche,
segnest Du.

Hilf mir auszuhalten,
dass Du mich aushältst.
Erinnere mich Deiner,
damit ich Dich nicht verleugne.
Gewinne mich
für Dich,
damit ich treu werde,
erinnere,
hinschaue,
dableibe,
festhalte
und segne
mit Dir.
Amen.

Fra’ Georg Lengerke

Schott Tagesliturgie